Gemischtes

Deutsche Auto-Zulieferer stehen vor großen Herausforderungen

Lesezeit: 2 min
22.04.2018 17:35
Die Produktion von Batteriezellen ist den Autozulieferern in Deutschland zu teuer. Allein in der Region Homburg könnte diese Entscheidung tausende Arbeitsplätze vernichten.
Deutsche Auto-Zulieferer stehen vor großen Herausforderungen

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Deutschlands Autozulieferer stehen vor großen Herausforderungen. Der mögliche Niedergang des Dieselmotors und der potentielle Aufstieg des Elektro-Autos stellen für die Zulieferer-Industrie und sogar für ganze Regionen eine ernsthafte Bedrohung dar. Ein Beispiel ist Homburg. Die Kommune zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern ist von ihren Autoausrüstern wirtschaftlich abhängig. Fast ein Viertel der insgesamt 32.000 Arbeitnehmer in dem 42.000-Einwohner-Ort ist bei drei großen Zulieferern tätig. Bei Bosch, das vor Ort drei Fabriken unterhält, fertigen 4500 Mitarbeiter Hydraulik-Komponenten und Einspritzsysteme. Bei Schaeffler produzieren 2400 Menschen Wälz- und Nadellager. Und bei Thyssenkrupp stellen 700 Mitarbeiter Kurbelwellen her.

Sollte das Elektroauto das Dieselfahrzeug ablösen, werden diese Produkte nicht mehr gebraucht. Vom Diesel-Skandal bei VW sind die drei Homburger Bosch-Werke bereits betroffen. Die Einspritzsystem-Produktion ging letztes Jahr um zehn Prozent zurück. Der Bosch-Vorstand plante daraufhin die Stilllegung einer Produktionslinie für ein älteres Modell von Diesel-Injektoren. Erwogen wurde auch, die Produktion nach Indien zu verlegen. Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausgefallen wäre, hätten 700 Mitarbeiter bis Ende 2017 ihren Arbeitsplatz verloren. Nach Protesten der Belegschaft und Interventionen der saarländischen sowie der rheinlandpfälzischen Landesregierung machte Bosch seine Entscheidung rückgängig und verkündete eine Job-Garantie bis Ende dieses Jahres. Im Gespräch ist derzeit die Reduzierung der Belegschaft um 400 Mitarbeiter sowie die Einführung von zeitweiliger Kurzarbeit. Geprüft wird auch, ob die Produktionslinie auf andere Produkte umgestellt werden kann.

Batteriezellen werden in den Homburger Bosch-Werken allerdings nicht hergestellt werden. Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro wären notwendig gewesen, um die dafür notwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten sowie die entsprechenden Produktionsstätten aufzubauen. Anfang dieses Jahres entschied sich der Bosch-Vorstand gegen die Investitionen. Gegen die etablierte Konkurrenz aus Fern-Ost hätte man sich nicht durchsetzen können, lautete die Begründung. Wenige Wochen, nachdem Bosch seine Entscheidung bekannt gegeben hatte, unterzeichnete VW Lieferverträge mit chinesischen und koreanischen Batteriezellen-Herstellern im Wert von 20 Milliarden Euro.

Bosch ist der größte Autozulieferer der Welt. Das 1886 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart erzielt rund 60 Prozent seines Umsatzes von 78 Milliarden Euro (2017) mit seiner Autosparte. Von den weltweit 400.000 Mitarbeitern sind 135.000 in Deutschland beschäftigt.

Wenn Bosch seine Aktivitäten in Homburg reduzieren würde, wäre das eine Katastrophe, sagte Bürgermeister Rüdiger Schneidewind im Gespräch mit Bloomberg. „Wir müssen abwarten, ob das Unternehmen neue Teile entwickeln kann, die zukunftssicher sind.“

Mit hohen Investitionen bereitet sich die ZK Friedrichshafen auf die Zukunft vor. Der mit einem Umsatz von 37 Milliarden Euro nach Bosch und Continental drittgrößte deutsche Autozulieferer steckt 2018 über zwei Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Diese Summe entspricht in etwa dem operativen Gewinn des Unternehmens. Unter anderem wollen die Baden-Württemberger mit dem Geld Elektroantriebe, hybride Getriebetechniken sowie Fahrerassistenzsystem entwickeln.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sicher beschaffen in Krisenzeiten

Die Auswirkungen von Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg und damit verbundene Versorgungsengpässe stellen auch den...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Wie die USA Europa eroberten
24.09.2023

Der Publizist Werner Rügemer äußert sich im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten zum Anspruch der USA, alleinige Weltmacht...

DWN
Politik
Politik Eklat um SS-Veteran beim Selenskyj-Besuch in Kanada
25.09.2023

Das kanadische Parlament hat beim Selenskyj-Besuch einen ukrainischen "Kriegsveteranen" mit Jubel und stehendem Applaus gewürdigt. Nach...

DWN
Immobilien
Immobilien Bau-Branche lobt Regierung für jüngste Beschlüsse
25.09.2023

Die Bau-Branche gibt sich positiv überrascht von den Beschlüssen der Bundesregierung, fordert nun aber eine schnelle Umsetzung. Denn die...

DWN
Finanzen
Finanzen Beginn einer Ent-Euroisierung? Euro-Nutzung bricht laut Swift ein
24.09.2023

Der Euro wird im internationalen Handel viel weniger verwendet. Das zeigen kürzlich erschienene Swift-Zahlen. Ökonomen sehen darin eine...

DWN
Immobilien
Immobilien Habeck gibt strengere Vorgaben für Dämmung von Neubauten auf
25.09.2023

Als Reaktion auf Krise der Baubranche will Bundeswirtschaftsminister Habeck die strengeren Vorgaben zur Dämmung von Neubauten nicht mehr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kritische Rohstoffe: Wie die EU ihre Versorgung sichern will
24.09.2023

Lernen auf die harte Tour: Pandemiebedingte Engpässe, geopolitische Veränderungen und der Krieg in der Ukraine zwingen Europa zum...

DWN
Politik
Politik Gewalt-Eskalation im Kosovo: Spannungen mit Serbien nehmen massiv zu
24.09.2023

Bei Kämpfen mit einem bewaffnetem Kampftrupp im Nord-Kosovo gab es Tote. Die Spannungen in der Region nahmen zuletzt zu. Nun ist es zu den...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Startups: Wenn die Gazelle das Rennen verliert
24.09.2023

Nur sehr wenige Startups schaffen es von null auf hundert auf der Erfolgsskala in kürzester Zeit. Für die meisten jungen Gründer ist der...