Finanzen

Zu wenig Bargeld: Starke Anzeichen eines Bank-Run in Indien

In Indien kommt es eineinhalb Jahre nach der Bargeld-Reform zu einem landesweiten Bank-Run.
18.04.2018 17:26
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In Indien kommt es etwa eineinhalb Jahre nach der teilweisen Abschaffung von Bargeld zu einem landesweiten Bankrun. Wie Bloomberg berichtet, stürmen Bürger in mehreren Provinzen in die Geldhäuser, um ihre Ersparnisse von den Konten abzuziehen. Inzwischen ist in einigen Städten nicht mehr genug Bargeld vorhanden, um die Auszahlungen zu gewährleisten.

Am Dienstag meldete sich der Finanzminister angesichts des Bank-Runs zu Wort und versuchte, die Stimmung zu beruhigen. Das Bankensystem sei stabil und die Notenbank sei schon dabei, mehr Scheine zu drucken, um den „unüblichen Spurt bei der Nachfrage“ bedienen zu können.

„Unsere erste Antwortmaßnahme ist es, sicherzustellen, dass genug Bargeld an den Geldautomaten und in den Banken erhältlich ist, dass jegliche Anforderung seitens der Kunden bedient werden kann“, wird der Regierungsberater Sanjeev Sanyal von Bloomberg zitiert. „Es gibt keine Krise, die Banken sind in perfekter Form und wir haben mehr als genug Bargeld und noch mehr wird gerade gedruckt. Es gibt also gar keinen Grund, in Panik zu verfallen.“

Die indische Regierung unter Premierminister Narendra Modi hatte im November 2016 völlig überraschend angekündigt, dass die beiden größten Geldscheine des Landes über Nacht ihre Gültigkeit verlieren werden. Von der Maßnahme betroffen waren rund 86 Prozent alles in Umlauf befindlichen Geldes. Modi selbst kündigte an, dass er Indien zu einer bargeldlosen Gesellschaft machen wolle.

Wie aus Daten von Bloomberg hervorgeht, ging der Umfang der Bargeldabhebungen in den Monaten nach der Reform zurück, nur um seit etwa einem halben Jahr wieder deutlich zu steigen.

Viele Bürger Indiens haben nach der Reform offenbar das Vertrauen in die Regierung und das Geldwesen des Landes verloren. Weitere Gründe für die jetzt stattfindende Flucht in das Bargeld sind offenbar ein massiver Korruptionsskandal bei der staatlichen Punjab National Bank sowie anstehende Wahlen in mehreren Provinzen. In Indien kaufen sich die Parteien Stimmen mit Geld, weshalb es an mehreren Orten zu einer Versorgungsknappheit gekommen ist.

Auch die Ankündigung der Regierung, strauchelnde Banken künftig mit Steuergeldern vor dem Bankrott zu bewahren, hatte die Stimmung aufgeheizt.

„Das Land steuert auf ein sehr riskantes Szenario zu, weil die Bargeld-Knappheit das Vertrauen in das Bankensystem untergräbt. Wenn das noch etwa eine Woche so weitergeht, müssen wir uns Sorgen um die Sicherheit der Bankangestellten machen“, wird ein Sprecher der All india Bank Employees‘ Association zitiert.

„Das Vertrauen in die Banken hat einen neuen Tiefpunkt erreicht“, wird ein Angestellter einer Beratungsfirma aus Mumbai zitiert, welcher vergangenen Monat 250 Kilometer aus der Stadt nach Süden reisen musste, um einen mit Bargeld gefüllten Bankautomaten zu finden.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerentlastungen: Bundesregierung will Investitionen ankurbeln
05.06.2025

Steuerliche Anreize sollen die deutsche Wirtschaft aus der Flaute holen. Die Bundesregierung setzt auf Abschreibungsmöglichkeiten und eine...

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...