Deutschland

Sozialamt zahlt: In Berlin ist jede zehnte Beerdigung ein „Armen-Begräbnis“

Lesezeit: 1 min
16.03.2013 02:27
Die Berliner Sozialämter müssen jährlich etwa die Kosten für 2.500 Bestattungen übernehmen. Oft sind keine Angehörigen mehr zu finden. Im Angesicht des Todes stellt sich dann in der nüchternen Behörden-Sprache nur noch die Frage der „Entsorgung“.
Sozialamt zahlt: In Berlin ist jede zehnte Beerdigung ein „Armen-Begräbnis“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Armen-Begräbnisse kennt man in unserer Wohlstands-Gesellschaft eigentlich nur von Wolfgang Amadeus Mozart. Doch die Bestattung im Massengrab ist keine Form aus dem 18. Jahrhundert: Im modernen, aber armen Berlin werden mittlerweile rund 2.500 Bestattungen pro Jahr von den Sozialämtern bezahlt. Das ist jede zehnte Beerdigung. Eine solche Sozialbestattung darf maximal 750 Euro kosten. Für diesen Betrag kümmert sich der Berliner Bestatter Rüdiger Kußerow um einen einfachen Sarg, Bestattungswäsche, die Überführung, Papierkram, Desinfektion, Kühlhaus, Blumenschmuck, Redner und Organist - alles in einfacher Ausführung. Weil ein Einzelgrab zu teuer wäre, werden die Toten in Gemeinschaftsgräbern beigesetzt. Ein einfaches Messingschild ist alles, was an eine Biografie erinnert.

Kußerow kritisiert auch die ordnungsbehördlichen Bestattungen, die das Land Berlin etwa 1.000 Mal im Jahr anordnet, wenn für verstorbene Personen keine Angehörigen gefunden werden. In diesem Fall werde ein Auftrag zur Bestattung vergeben, und mitunter erst anschließend über einen Nachlasspfleger in der Wohnung ermittelt, dass der Verstorbene den Wunsch hatte, eine Erdbestattung zu bekommen. „Aber das wird erst im Nachhinein geprüft, weil man schnell arbeiten will und schnell denjenigen - auf Deutsch gesagt - entsorgen möchte“, sagte der Bestatter dem Deutschlandradio.

Wer diese Menschen wirklich waren, warum die keine Angehörigen mehr haben, lässt sich oft nicht mehr genau feststellen. Meist sind es ein paar Bekannte aus der Obdachlosen-Szene, die zur Beerdigung erscheinen.

Mitunter müssen viele Kinder aufgespürt werden, die irgendwo im Ausland leben, sagt das Sozialamt. Dies könnte darauf hindeuten, dass auch viele Migranten unter dem Verarmten sind. Ihre Schicksale kann man sich unschwer ausmalen. Der Begriff des Wirtschaftsflüchtlings erscheint im Angesicht des Todes in einem neuen, ganz und gar unerfreulichen Licht.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Politik
Politik Sorge um Privatsphäre: Bayern ändert Gesetz zu Funkwasserzählern
28.09.2023

Der Einbau von Funkwasserzählern im eigenen Wohnbereich ist für viele Einwohner ein Problem. Sie sind besorgt über die bezogenen Daten...

DWN
Politik
Politik Economic Statecraft für die ökologische Wende
28.09.2023

Die Europäische Union steht vor zwei entscheidenden Herausforderungen. Jüngste globale Schocks wie die COVID-19-Pandemie und die...

DWN
Immobilien
Immobilien Baugipfel: Die Immobilienwirtschaft fordert mehr, und das bitte im „Turbo-Tempo“
28.09.2023

Die Maßnahmen der Bundesregierung nach dem Baugipfel im Kanzleramt im Kampf gegen die dramatische Lage am Wohnungsmarkt und in der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas subventioniertes Überholmanöver mit den Elektrofahrzeugen
28.09.2023

Innerhalb kürzestes Zeit hat sich Chinas Automobilbranche neu erfunden. Vom einstigen hässlichen und kränkelndem Entlein ist ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Reisebüros: EU-Kommission untersagt Booking den Kauf von Flugvermittler
28.09.2023

Fusionskontrolle: Erste Ablehnung einer Übernahme in diesem Jahr. Geballte Marktmacht hätte einen fairen Wettbewerb der...

DWN
Politik
Politik Bildungskrise: Die Ursache, über die geschwiegen wird
28.09.2023

Das Bildungsniveau hat sich laut einer neuen Studie „dramatisch verschlechtert“. Doch weite Teile von Politik und Medien lassen eine...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz gibt Bayern Mitschuld an hohen Energiepreisen
28.09.2023

Die deutsche Industrie leidet unter zu hohen Strompreisen. Bundeskanzler Scholz gibt dem Land Bayern Mitschuld. Er fordert starke...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Slowakei-Wahlen: Unsicherheit bei Deutschen Unternehmen?
28.09.2023

Die Parlamentswahlen in der Slowakei am 30. September könnten ein Comeback des ehemaligen Ministerpräsidenten Robert Fico bedeuten. Unter...