Finanzen

Ökonom: Italien muss Alternative zum Euro einführen

Italien sieht sich als einen der Verlierer innerhalb der Eurozone. Eine Parallelwährung soll aus der Krise helfen. Allerdings muss das Land vermutlich noch bis zum Herbst mit einer Übergangsregierung auskommen.
03.05.2018 23:24
Lesezeit: 3 min

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Noch immer liegt die Industrieproduktion Italiens rund 20 Prozent niedriger als 2008. Die Arbeitslosenquote beträgt 11 Prozent. Das Land sieht sich als einer der Verlierer innerhalb der Eurozone. Der Ökonom Antonino Galloni setzt sich für die Einführung einer Parallelwährung ein.

„Die unausgeglichenen Target II-Bilanzen belegen, dass sich de facto bereits verschiedene nationale Währungen herausgebildet haben. Würde die Währungsunion funktionieren, wäre es nicht so weit gekommen“, sagte Galloni den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Da Italien aber seine Währung innerhalb des Eurosystems nicht abwerten könne, schlägt Galloni die Einführung einer staatlich emittierten Parallelwährung vor. Diese sollte nur innerhalb Italiens Gültigkeit haben und etwa auch zur Zahlung von Steuern verwendet werden können.

Galloni: „Wenn wir Geld in dieser Währung in Umlauf bringen, die dem Wert von 1,5 Prozent unseres Bruttosozialproduktes entsprechen, könnten wir damit eine Million Jugendliche in Beschäftigung bringen – zu einem Monatseinkommen von je 1.500 Euro.“ Die dadurch geschaffene größere Kaufkraft könne den im Moment noch zaghaften Aufschwung der italienischen Volkswirtschaft beschleunigen. „Wenn es den Italienern besser ginge, wäre das auch gut für den Rest der EU“, so Galloni.

Natürlich stehe es jedem Land frei, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen. Der Euro selbst könne als Verrechnungseinheit und Reservewährung erhalten bleiben.

Man brauche eine wirtschaftliche Strategie, um den Problemen innerhalb der Eurozone zu begegnen. Vor diesem Hintergrund hält Galloni die Vorschläge von Emmanuel Macron auch nicht für zielführend. Denn nur durch mehr Umverteilung ließen sich die grundsätzlichen Probleme nicht beheben.

Ein weiteres Problem stellt die weiter vor sich hinschwelende italienische Bankenkrise dar. Die dürfte auch der Grund dafür sein, dass die EZB von der Forderung, die europäischen Banken sollen ihre versteckten faulen Kredite genauer bestimmen, wieder abgerückt ist.

Ein Großteil der faulen Kredite ist laut Galloni darauf zurückzuführen, dass die Kreditvergabe nach politischen Opportunitäten erfolgt sei. Und dies besonders im Fall der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena. Dies habe dazu geführt, dass viele kleine und mittelständische Unternehmen mit vielversprechenden Projekten keine Kredite erhalten hätten. Auch dies sei ein Grund für die aktuelle italienische Misere. Allerdings sei die Lage bei verschiedenen europäischen Großbanken, die viele toxische Papiere in ihren Depots haben, noch dramatischer.

Allerdings wird die Euro-Problematik in Italien zur Zeit weniger vehement diskutiert als noch vor einem Jahr. So hatte die Fünf Sterne Bewegung, die aus den letzten Wahlen als stärkste Partei hervorgegangen ist, auch schon einmal ein Referendum über die Mitgliedschaft Italiens im Währungsverbund ins Gespräch gebracht. Davon ist nun nichts mehr zu hören. Laut Galloni kann das Thema erst nach einer erfolgreichen Regierungsbildung wieder in den Fokus rücken. Die allerdings gestaltet sich schwierig.

Denn Italien stehen die Zeichen auf Neuwahlen. In Rom hat auch der jüngste Versuch einer Regierungsbildung in eine Sackgasse geführt: Präsident Sergio Mattarella erklärte am Donnerstag die Bemühungen für gescheitert, eine Koalition zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten zustande zu bringen. Zwei Monate nach der Wahl sehe er nun "keine Perspektive auf die Bildung einer Mehrheitsregierung" mehr, erklärte der Präsident.

Mattarella lud die Chefs aller Parlamentsparteien für Montag zu Konsultationen über das weitere Vorgehen ein. Seit der Wahl am 4. März hätten sich die Parteien nicht angenähert, kritisierte er. Medienberichten zufolge könnte nun zunächst eine Expertenregierung unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni weiterregieren, ehe Neuwahlen organisiert werden.

Der Präsident hatte in der Vorwoche den Fünf-Sterne-Politiker Roberto Fico damit beauftragt, die Chancen auf eine Regierungsbildung mit den Sozialdemokraten auszuloten. Bei den Sozialdemokraten von der PD hatte die Aussicht auf eine Koalition mit den Populisten aber einen offenen Streit entfacht. Der frühere Parteichef und Ministerpräsident Matteo Renzi sprach sich öffentlich vehement dagegen aus.

Zuvor war bereits der Versuch der Fünf Sterne gescheitert, eine Koalition mit der ultrarechten Lega-Partei zu bilden. Im Parlament stehen sich seit der Wahl drei große Lager gegenüber, von denen keines eine regierungsfähige Mehrheit hat: Die Fünf Sterne, das von der Lega dominierte Rechtsbündnis und die Sozialdemokraten.

Präsident Mattarella will am kommenden Montag noch einen Versuch unternehmen, in Gesprächen mit den Chefs der Parlamentsparteien auszuloten, "ob die Parteien noch eine Perspektive auf eine Mehrheitsregierung sehen". Laut Medienberichten wird vor möglichen Neuwahlen über eine Änderung des Wahlrechts nachgedacht. Momentan gilt das Verhältniswahlrecht, das eine Zersplitterung der politischen Kräfte begünstigt.

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Antonino Galloni ist Ökonom und war informeller wirtschaftspolitischer Berater der Fünf-Sterne-Bewegung, die bereits viele seiner Anregungen aufgegriffen hat.

Er ist Präsident des „Centro Studi Monetari“ und Autor zahlreicher Publikationen.

 

 

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