Nachdem die EU angekündigt hat, Großbritannien aus dem Satellitenprogramm Galileo auszuschließen, will das Land ein eigenes Programm aufbauen.
In Betrieb gehen soll das britische Satellitenprogramm Mitte der 2020er Jahre, berichtet die Financial Times. Großbritannien will vor allem im militärischen Bereich nicht von der EU abhängig werden. Für das EU-Programm bedeutet der britische Ausschluss einen Rückschlag von bis zu drei Jahren. Mit der Ankündigung, ein eigenes Satelliten-Navigationsprogramm auflegen zu wollen, reagiert Großbritannien auf die Aufforderung der EU an das britische Technologieunternehmen CGI, sein Wissen an den französischen Konkurrenten Thales zu verkaufen. Der Technologiehersteller Thales ist maßgeblich am Bau und dem Betrieb von Bodenstationen für die Steuerung der Galileo-Satelliten beteiligt.
Die CGI ist laut Financial Times der größte Zulieferer von Sicherheitssoftware, mit der die von den Satelliten gewonnenen Positionsdaten ver- und entschlüsselt werden können. Seit 2016 liefern derzeit 18 Satelliten Positionierungssignale, mit denen zivile Navigationsgeräte und auch militärische Systeme betrieben werden können. Bis 2020 soll die Zahl der von der Europäischen Weltraumbehörde ESA betriebenen Satelliten auf 30 erhöht werden. Um diese künftig steuern zu können, plant die EU-Kommission die Errichtung zusätzlicher Bodenstationen.
Technisch betrieben werden diese Stationen von der Thales-Gruppe. Diese will bis 2021 ein neues Navigationssystem für den europäischen Luftverkehr entwickeln. Um die sensiblen Flugzeug-Positionsdaten vor unberechtigten Zugriffen zu schützen, ist Thales auf eine entsprechende Ver- und Entschlüsselungssoftware angewiesen.
In der vergangenen Woche bot die EU-Kommission der CGI an, auch nach dem Brexit am Galileo-Projekt mitwirken zu können, wenn die CGI im Gegenzug ihre Software an die Thales verkaufe.
Bereits im Januar hatte die EU den Ausschluss Großbritanniens vom Galileo-Projekt bekannt gegeben. Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier begründete den Ausschluss damit, dass die EU keine sensiblen Daten mit Staaten teile könne, die nicht der EU angehörten. Gleichzeitig schloss er künftige Kooperationen im Wissenschaftsbereich nicht aus. Der Financial Times sagte er, es gebe Möglichkeiten, wie auch Drittstaaten an dem Galileo-Projekt teilnehmen könnten – allerdings seien diese auf die zivile Nutzung von Navigationsdaten beschränkt.
Für die britische Premierministerin, Theresa May ist diese Art der Kooperation keine Alternative zur regulären Teilnahme am Galileo-Programm. Vielmehr habe Großbritannien einen entscheidenden Beitrag zum Galileo-Projekt mit der Entwicklung der Codierungstechnologie geleistet, berichtet die Daily Mail. Nach Einschätzung des britischen Wirtschaftsministers Greg Clark könnte sich die künftige Entwicklung des Satellitenprogramms durch den Ausschluss Großbritanniens um bis zu drei Jahre verzögern.
Allerdings wollen die Briten nicht um jeden Preis vollständig aus Galileo austreten, weil das Land im Angriffsfall seine Raketen mittels der Galileo-Satellitentechnik zur eigenen Verteidigung steuern wolle.
Neben der Möglichkeit, ein eigenes Satellitenprogramm zur militärischen Verteidigung aufzubauen, könnten sich die Briten entscheiden , sich dem amerikanischen Global-Positioning-System (GPS) anzuschließen. Dieses wurde in den 1970er Jahren durch das US-Verteidigungsministerium für zivile und militärische Zwecke weltweit errichtet.
Der raumfahrtbasierte Softwarehersteller CGI ist seit 1975 Handelspartner der ESA. Mit seinen Programmen unterstützt er zudem nationale Forschungsprogramme in der EU. Zu seinen Kunden gehören neben Deutschland und Italien auch die Niederlande. Laut der Financial Times hat das Unternehmen bereits sensible Computerprogramme für das Galileo-Projekt an niederländische Partnerfirmen transferiert. Das Unternehmen wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.
Der britische Schatzmeister Philip Hammond kündigte in der vergangenen Woche an, einen derartigen Technologietransfer nach dem Brexit verhindern zu wollen, und warb für die Auflegung eines britischen Satellitenprojektes. Weitere Einzelheiten gab er nicht bekannt. Aus britischen Regierungskreisen wird jedoch bezweifelt, dass sich ein solcher Technologietransfer durch die CGI nach dem Brexit an EU-Staaten verhindern lässt.
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