Politik

Deutsche Privatbanken wollen HSH Nordbank nicht in Einlagensicherung

Der Bundesverband der deutschen Privatbanken blockiert den Verkauf der HSH Nordbank an Investoren.
11.05.2018 17:18
Lesezeit: 4 min

Der Bundesverband deutscher Privatbanken blockiert den geplanten Verkauf der bankrotten norddeutschen Landesbank HSH Nordbank an ein Konsortium um den US-Finanzinvestor Cerberus. Aus Sicht des Bankenverbandes ist die HSH Nordbank derzeit nicht dafür qualifiziert, vom Einlagensicherungsverbund der Sparkassen in den Einlagensicherungsverbund der deutschen Privatbanken zu wechseln. Es gebe erhebliche Unklarheiten und Unstimmigkeiten um die Pleitebank, welche erst geklärt werden müssten, berichtet die Börsenzeitung.

Der Bankenverband wird nach den Worten seines Vorsitzenden Christian Ossig den Übertritt in das Sicherungssystem der Privatbanken erst dann ermöglichen, wenn die Haftungsrisiken genau bekannt sind und Belege vorliegen, dass die HSH Nordbank tatsächlich erfolgreich saniert worden ist.

Um einen Übertritt zu gewährleisten, müsse die HSH „ein dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell nachweisen“, sowie ein „insgesamt ausgeglichenes Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr haben“, die notwendige Liquidität gewährleisten sowie über eine Bonitätsbewertung von mindestens BBB+ verfügen.

Eines der zahlreichen Probleme sei beispielsweise, dass der Vertrag zum Verkauf der Landesbank an die Investoren Cerberus und J. C. Flowers zahlreiche geschwärzte Stellen beinhalte und somit überhaupt nicht vollständig zu bewerten sei. „Wir haben eindeutige Regeln. Bevor wir kein klares Bild der Bank haben, gibt es nichts zu verhandeln“, sagt Ossig.

Der selbständige Unternehmensberater Werner Marnette erhebt wegen des geplanten Verkaufs schwere Vorwurfe gegen die HSH sowie die beteiligten Politiker aus Schleswig-Holstein und Hamburg.

Für dpa-AFX schreibt er:

Der schleswig-holsteinische Landtag hat einstimmig den Verkauf der HSH Nordbank an US-amerikanische Hedgefonds beschlossen und unterläuft damit eine gesetzlich geregelte Abwicklung.

Kaum beachtet von der deutschen Öffentlichkeit hat sich in Schleswig-Holstein ein weiteres Drama unseres demokratischen Rechtsstaats abgespielt: Der Landtag entschied sich am vergangenen Donnerstag einstimmig gegen seine Bürger und folgte den sehr umstrittenen Empfehlungen der Landesregierungen Hamburgs und Schleswig-Holsteins zum Verkauf der HSH Nordbank. Diese hatten sich am 28. Februar 2018 auf einen Verkauf der Bank an die Hedgefonds Cerberus und [J.C.Flowers] verständigt. Damit soll der beispiellose Bankskandal beendet werden, der am Ende die 4,7 Millionen Bürger Hamburgs und Schleswig-Holsteins mit über 20 Mrd. Euro belasten wird. Es war die teuerste Entscheidung in der Geschichte des Landes Schleswig-Holstein.

Ohne Gegenstimmen haben die 73 schleswig-holsteinischen Abgeordneten von CDU (25), SPD (21), Grüne (10), FDP (9), AfD (5) und SSW (3) für den Verkauf der HSH Nordbank gestimmt. Ein außergewöhnlicher Vorgang in der parlamentarischen Geschichte des Landes.

Das Hamburger Parlament will dagegen mit seiner Entscheidung noch bis Juni 2018 warten und hat offensichtlich mehr Beratungsbedarf als die Schleswig-Holsteiner.

Zweifel, dass es sich tatsächlich um einen Verkauf der HSH handelt, sind angebracht. Viel eher dürfte es ein Deal mit den US-amerikanischen Hedgefonds sein, mit dem diese - und auch der HSH-Vorstand - ihre eigenen und die Interessen spezieller Bankkunden, wie einige deutsche Reeder, zu Lasten der Bürger durchsetzen konnten.

Die Bank ist faktisch unverkäuflich, weil sie einen negativen Unternehmenswert in Milliardenhöhe hat. Der angeblich erzielte Kaufpreis von 1 Mrd. Euro dürfte nur fiktiv sein, um einen von der EU vorgeschriebenen Verkauf vorzutäuschen. Darauf deutet auch eine im Kaufvertrag vorgesehene Kaufpreisanpassung hin.

Gemessen an der Bedeutung dieser Entscheidung war die parlamentarische Vorlage der SH-Landesregierung (Drucksache 19/634) äußerst dürftig und konnte niemals eine ausreichende Grundlage für eine sachlich fundierte Beratung und Beschlussfassung bieten. Die Behauptung der Landesregierung, der „Scheinverkauf“ der Bank an die Hedgefonds sei wirtschaftlicher als eine ordnungsgemäße und transparente Abwicklung in Eigenregie der Länder, blieb unbewiesen.

Mit ihrer Entscheidung haben die schleswig-holsteinischen Parlamentarier auf Anraten der Landesregierung die gesetzlich vorgeschriebene Abwicklung der HSH Nordbank nochmals unterlaufen und sich damit gegen das neue Sanierungs- und Abwicklungsgesetz SAG entschieden, das eigens für konkursreife Geldinstitute, wie die HSH Nordbank, geschaffen worden war.

Spätestens 2015 hätte die Bank Konkurs anmelden müssen, weil ihr bilanzielles Eigenkapital aufgezehrt war und die 10 Mrd. Euro-Garantie der Bürger vollständig aufgezehrt zu werden drohte.

Völlig untergegangen in der Diskussion ist die Rolle der zur Entlastung der HSH Nordbank in 2016 geschaffenen hsh-Portfolio-Management AöR. Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und gehört zu 100 Prozent den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg. In ihr sollen die faulen Kredite, welche die Bürger übernehmen mussten, verwaltet und „wertschonend“ abgebaut werden. Angeblich unter „größtmöglicher Wahrung der Vermögensinteressen der Länder“. Tatsächlich bahnt sich dort eine Fortsetzung des HSH-Skandals an.

Es gehört zu den absurden Besonderheiten der HSH-Geschichte, dass der Vorstand der HSH zeitgleich zur parlamentarischen Debatte und Entscheidung in Kiel am 26. April 2018 in Hamburg die Bilanzzahlen 2017 veröffentlichte, allerdings wieder viel später als vorgesehen.

Im Klartext: In Kiel stimmte ein Parlament dem Verkauf seiner Bank zu, obwohl es über deren aktuelle Ertrags- und Finanzlage noch keine Kenntnis haben konnte. Respekt der Landesregierung und der HSH Nordbank gegenüber dem Parlament sieht anders aus. Schlimmer noch: Der HSH-Vorstand präsentierte Bilanzzahlen, in denen der Verkauf der Bank per 31. Dezember 2017 vorweggenommen wird. Die Befassung des Parlaments war damit zur Farce geworden.

Diesmal - und im Gegensatz zu den Vorjahren - konnte der HSH-Vorstand keine positiven Ergebniszahlen präsentieren: Das Ergebnis v.St. nach IFRS betrug minus 453 Mio. Euro und war bereits durch die Auflösung erheblicher stiller Reserven in Höhe 356 Mio. Euro aufgebessert.

Der frühere Trick, das Ergebnis durch Anrechnung der Garantie bei der Risikovorsorge zu schönen, war dem Vorstand diesmal verwehrt. Denn die vom Bürger gegebene 10 Mrd. Euro-Garantie war bereits im 1. Quartal des Geschäftsjahres 2017 aufgebraucht, so die Investorenpräsentation der HSH vom 26.April 2018.

Das Jahresergebnis 2017 nach HGB beläuft sich sogar auf einen Verlust von 1,039 Mrd. Euro.

Der Jahresabschluß 2017 per 31. Dezember 2017 zeigt weitere Auffälligkeiten: In ihm sind bereits Effekte aus dem Verkauf an die Hedgefonds, der frühestens im Sommer 2018 abgeschlossen werden kann und noch der Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft bedarf, berücksichtigt worden. Dies sei rechtlich möglich, vertrat der HSH-Vorstand. Die faulen Kredite in der Bilanz wurden von 14,6 Mrd. im Jahr 2016 auf 7,5 Mrd. Euro reduziert. Die „abgebauten“ Kredite sollen in einer Zweckgesellschaft untergebracht werden. Ein vergleichbar starker Abbau war zuvor nur im Jahr 2016 gelungen, als die Bürger faule Schiffs-Kredite in Milliardenhöhe übernehmen mussten.

Interessant ist der 7-seitige Abschlußbericht des Wirtschaftsprüfers KPMG. Dieser musste sich im Vergleich zu den Vorjahren besondere Mühe geben, das gegebene, uneingeschränkte Testat zu begründen.

Parlamentarische und Regierungsentscheidungen zur HSH Nordbank auf dieser fragwürdigen Informationsbasis haben in Schleswig-Holstein und Hamburg allerdings Tradition. Darauf hatte der Bankexperte und Detail-Kenner der HSH, Prof. Martin Hellwig, bereits 2017 hingewiesen: „Eine öffentliche Diskussion haben die Verantwortlichen in der Bank und den Regierungen erfolgreich unterbunden, durch Vertuschen, Beschönigen und Verweigern von Antworten. Die Stützungsbeschlüsse von 2009,2013 und 2015/16 beruhten auf erkennbar fehlerhaften Prognosen.(...). Verantwortlichkeit in der Demokratie sieht anders aus.“

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