Finanzen

Bond-Markt nervös: Globale Schuldenkrise kehrt zurück

Die Anzeichen für sich anbahnende Staatsbankrotte in vielen ärmeren Ländern nehmen zu. Der starke Dollar könnte den Schulden-Turm zum Einsturz bringen.
15.05.2018 17:27
Lesezeit: 2 min

Die Anzeichen einer Schuldenkrise in zahlreichen Schwellenländern haben deutlich zugenommen. Diese hatten in den vergangenen Jahren in großem Umfang neue Schulden aufgenommen. Die Rückzahlung dieser Verbindlichkeiten könnte durch den vergleichsweise starken Dollar in Zukunft deutlich erschwert werden.

Ein wichtiges Anzeichen, welches auf eine zunehmende Vorsicht der Geldgeber hindeutet, ist das Ansteigen der Renditen von Staatsanleihen mehrerer Schwellenland-Staaten. Wie die Financial Times berichtet, waren die Zinsen für Papiere von Ländern, die erst kürzlich den Gang an die internationalen Anleihemärkte wagten, besonders deutlich gestiegen.

Dazu gehört Tadschikistan, das im vergangenen Jahr mit der Emission von Anleihen im Gesamtwert von 500 Millionen Dollar seinen Einstand feierte. Die Rendite der Papiere mit fünf Jahren Laufzeit stieg seitdem von 7,125 Prozent auf aktuell 9,26 Prozent. Auch Ecuador – welches im Oktober 2017 2,5 Milliarden Dollar durch zehnjährige Papiere einnahm – muss nun nicht mehr 8,875 Prozent, sondern bereits 10,8 Prozent zahlen. Auch Länder wie der Irak, die Ukraine oder Bahrain müssen inzwischen zwischen 8 und 9 Prozent auf ihre Schulden bezahlen.

Offenbar befürchten Investoren, dass viele dieser Staaten ihren Verbindlichkeiten künftig kaum noch nachkommen können. Ein Grund dafür ist, dass der Dollar in den vergangenen Wochen zu anderen wichtigen Handelswährungen deutlich aufwertete. Dies erschwert die Rückzahlungsbedingungen von Staaten, die Dollar-Schulden aufgenommen haben, und wirkt faktisch wie eine Zinserhöhung auf die von ausländischen Investoren gehaltenen Anleihen.

Zum Zweiten haben zahlreiche Schwellenländer in den vergangenen Jahren in großem Umfang neue Schulden aufgenommen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte im März, dass es bald zu einer Häufung von Staatsbankrotten kommen könnte. Aus Daten des Fonds geht hervor, dass das Verhältnis von Schulden zur Wirtschaftsleistung bei ärmeren Staaten seit dem Jahr 2013 von durchschnittlich rund 13 Prozent auf jetzt 47 Prozent gestiegen ist – was fast einer Vervierfachung in vier Jahren gleichkommt.

Aus der Studie des IWF geht außerdem hervor, dass inzwischen 40 Prozent der Schwellenländer „signifikante auf Schulden beruhende Probleme“ haben. Im Jahr 2013 seien dies nur rund 20 Prozent gewesen.

„Die Haushaltsdefizite stiegen zwischen 2013 und 2017 in fast 75 Prozent der vom IWF untersuchten Länder. In fast der Hälfte dieser Fälle kam es zu einer Ausweitung des Defizits, obwohl die Investitionen zurückgingen – ein Indiz dafür, dass die Schulden für unproduktive Zwecke verwendet wurden“, schreibt die Financial Times. Der IWF zeigte sich hinsichtlich des Schuldenwachstums „sehr besorgt“ und schlussfolgerte, dass es ein dringendes Bedürfnis für „fiskalische Sorgfalt und einem besseren Schuldenmanagement“ gäbe.

Noch Anfang 2016 nahmen alle Schwellenländer pro Jahr zusammen etwa 100 Milliarden Dollar an neuen Schulden auf den Kapitalmärkten auf. Bereits Anfang 2017 lag der 12-Monats-Durchschnitt über 180 Milliarden Dollar. Aktuell liegt er bei etwa 220 Milliarden Dollar.

Dem Institute of International Finance zufolge stieg die weltweite Verschuldung von privaten und öffentlichen Haushalten sowie Unternehmen und Finanz-Institutionen im vierten Quartal 2017 auf ein neues Allzeithoch von etwa 237 Billionen Dollar. Die globale Verschuldung ist damit mehr als dreimal so hoch wie die globale Wirtschaftsleistung. Innerhalb von zehn Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise seien weltweit mehr als 70 Billionen Schulden hinzugekommen. Alleine im vergangenen Jahr habe es einen Anstieg um 21 Billionen US-Dollar gegeben. Gezählt wurden dabei die Schulden von öffentlichen und privaten Haushalten sowie Unternehmen und Finanzinstituten.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...