Nach dem US-Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran leitet die EU-Kommission Schritte zum Schutz europäischer Unternehmen vor Sanktionen Washingtons ein. Seine Behörde werde am Freitag einen Prozess starten, „um die extraterritoriale Wirkung der amerikanischen Sanktionen in der EU zu neutralisieren“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag beim EU-Gipfel in Sofia. Dazu werde die EU-Kommission eine EU-Verordnung von 1996 aktivieren.
Dieses Blockade-Statut verbietet europäischen Firmen, US-Sanktionen einzuhalten. Gerichtsurteile, die zur Durchsetzung von US-Strafen verhängt werden, werden danach nicht anerkannt. Das Abwehrgesetz wurde in der Vergangenheit bisher allerdings nie angewandt. Die meisten europäischen Regierungen betrachten es eher als eine politische Waffe denn als Vorschrift, da die Regelung als sehr vage und schwierig durchzusetzen gilt. Die EU hatte das Gesetz 1996 geschaffen, als die USA versuchten, ausländische Firmen für den Handel mit Kuba zu bestrafen. Der damalige US-Präsident Bill Clinton verzichtete daraufhin auf das Vorhaben. Seither haben sich die Zeiten allerdings geändert: Die US-Sanktionen auf Finanztransaktionen sind deutlich verschärft und die Geldstrafen für den Verstoß dagegen massiv erhöht worden.
„Wir müssen jetzt handeln und deshalb beginnen wir den Prozess, das Blockade-Statut von 1996 zu aktivieren. Dies werden wir morgen um 10.30 Uhr tun“, sagte der Kommissionspräsident. Man habe zudem entschieden, dass man der Europäischen Investitionsbank (EIB) erlaube wolle, Investitionen im Iran zu erleichtern. Die Kommission werde seine Zusammenarbeit mit der Islamischen Republik aufrechterhalten.
Das „Blockade-Statut“ würde voraussichtlich nur Unternehmen helfen, die nicht auch in den USA tätig sind. Denn sonst könnten US-Behörden gegen das dortige Geschäft vorgehen. Der französische Energieriese Total hatte am Mittwoch bereits unter Verweis auf seine milliardenschweren Aktivitäten in den USA mitgeteilt, er werde sein geplantes Gas-Projekt im Iran einstellen, wenn er von der US-Regierung keine Ausnahme bekomme.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schloss auch aus, dass alle Unternehmen entschädigt würden. „Wir können schauen, ob wir kleineren und mittleren Unternehmen bestimmte Erleichterungen geben“, sagte sie in Sofia. Dies werde geprüft. „Aber in einer umfassenden Weise die gesamte Wirtschaft zu entschädigen, (...) da können und dürfen wir auch keine Illusionen schüren.“
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