Politik

Merkel will Ruhe in Europa: Sparkurs ausgesetzt, Wachstum verkündet

Die EU beendet zumindest das Thema Sparen: Der neue Kurs der Südländer wird auch auf dem heute beginnenden Gipfel die Tonart bestimmen. Angela Merkel ist das nicht unrecht, weil sie für die Bundestags-Wahl Ruhe haben will. Daher wurden auch alle Bailouts abgesagt - Zypern soll auf anderen Weg Geld zugesteckt werden.
14.03.2013 12:05
Lesezeit: 2 min

Aktuell:

US-Geheimdienste sollen Zugriff auf Finanzdaten ausländischer Bürger erhalten

Auf dem heute beginnenden EU-Gipfel in Brüssel werden die Regierungschefs am Donnerstag eine Kehrtwende beschließen: Sparprogramm war gestern, heute ist Wachstum angesagt. In der Fachsprache heißt das, man wolle „den strukturellen Spielraum der nationalen Budgets neu bewerten“. Damit ist gemeint, dass die Frankreich und Spanien mehr Zeit bekommen werden, um ihre Defizit zu reduzieren. Beide haben den Sparkurs in der Praxis aufgegeben (Paris hier, Madrid hier). Auch Irland und Portugal bekommen Schulden-Erleichterungen.

In einer Stellungnahme der EU ist einem Bericht von Bloomberg zufolge von „substantiellem Fortschritt im Hinblick auf strukturell ausgeglichene Budgets“ die Rede. Der Fokus liege bei diesem Gipfel daher auf „wachstumfreundlicher, fiskaler Konsolidierung“. Im Klartext: Die Schuldenkrise darf nur noch im Hintergrund weiterbrodeln. Die Südländer wollen versuchen, zu dem Rezept der siebziger Jahre zurückzukehren: Der Staat pumpt Geld in die Wirtschaft, um die Arbeitslosigkeit künstlich zu drücken.

Die Bürokraten in Brüssel sind ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass es den Investoren vielleicht besser gefällt, wenn man von der Wachstums-Story Europa spricht. Ermutigt ist die EU durch Irland, das am Mittwoch erstmals wieder ein paar zehnjährige Staatsanleihen auf dem manipulierten Bond-Markt verkaufen konnte.

Besonders wichtig ist es für die EU allerdings, dass es nirgends kracht: Daher soll es bis zum September möglichst keine Bailouts geben. Auf diesem Weg will Angela Merkel verhindern, dass der Deutsche Bundestag unmittelbar vor der Wahl zu einer Sondersitzung zusammentreten muss. Die Opposition könnte eine solche Sitzung zu einer Generalabrechnung mit Merkel nutzen. Dieses Forum will die Kanzlerin ihren Gegnern nicht bieten.

Daher versucht die EU derzeit, Zypern im Hintergrund auf anderen Wegen etwas finanziellen Spielraum zu verschaffen. Das Thema wurde heruntergekocht und an die Finanzminister delegiert. Zypern selbst ist auch kreativ und hat vorgeschlagen, doch einfach Hilfsgelder, die für Griechenland genehmigt wurden, nach Zypern umzuleiten (hier). Der Vorschlag hat eine gewisse Logik: Das Geld landet ohnehin bei den internationalen Gläubigern.

Griechenland, Portugal und Spanien haben im Frühjahr des vergangenen Jahres mehr Zeit bei der Umsetzung ihrer Sparprogramme erhalten. Der Druck liegt nun jedoch auf Frankreich und Italien, die ihre Strukturreformen umsetzen müssen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Die EU hat in ihrer Stellungnahme jedoch schon betont, die Regeln ließen „produktive Investitionen im öffentlichen Sektor zu“, und zwar bei Ländern, die wie Italien 2012 ihr Defizitziel in Höhe von drei Prozent des BIP eingehalten haben.

Die Wirtschaft der Eurozone schrumpft bereits zum zweiten Mal in Folge. Die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau (mehr hier). Vorwürfe der Nordstaaten, dass die EU-Kommission von ihrem lange verfolgten Spardiktat zurückweiche, will diese jedoch nicht gelten lassen. „In naher Zukunft“ könne es jedoch zu weiteren Fristverlängerungen wie damals bei den Krisenländern kommen, sagte Sprecher der Kommission.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue Regierung: Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister - AfD und Steuerzahlerbund fordern Reform
01.05.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Politik
Politik Trump gegen die Welt: Warum Streit mit Verbündeten das China-Problem nur verschärft
01.05.2025

Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben zweifellos dem internationalen Ruf der USA auf den Finanzmärkten geschadet und das...

DWN
Technologie
Technologie PwC-Studie: Künstliche Intelligenz könnte Weltwirtschaft bis 2035 um 15 Prozent beflügeln – doch der Preis ist hoch
01.05.2025

Während viele Volkswirtschaften unter dem Druck multipler Krisen taumeln – Energiepreise, geopolitische Spannungen, ein fragiles...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas
01.05.2025

Kenneth Rogoff sieht in Trumps Politik den Katalysator für das Ende des Dollar-Zeitalters. Europa steht vor der historischen...

DWN
Finanzen
Finanzen JPMorgan: Zinsschock voraus – Warum US-Bonds Europa ausstechen
01.05.2025

JPMorgan sieht in US-Anleihen den neuen Renditetreiber – Europas zögerliche EZB-Politik wirkt abschreckend auf Investoren.

DWN
Panorama
Panorama Jung oder KI: Zwei Wege zur Lösung des Lkw-Fahrermangels
01.05.2025

Angesichts des anhaltenden Fahrermangels setzt die EU auf die Senkung der Altersgrenze für Lkw-Führerscheine, während die USA auf eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unternehmer weltweit in Alarmbereitschaft: Handelskriege, Schuldenkrisen und KI – Was kommt als Nächstes?
01.05.2025

UBS-Report: Unternehmer zwischen Angst vor Handelskriegen, Hoffnungen auf KI und dem Wettlauf um Nachhaltigkeit.

DWN
Finanzen
Finanzen Versteckte Risiken: Wie die Rentenversprechen zur Illusion werden
01.05.2025

Vorsorge mit Risiko: Warum viele Pensionslösungen nur scheinbar sicher sind – und wie mangelnde Transparenz zum größten Feind der...