Finanzen

US-Notenbank hebt Zinsen erneut an

Die US-Notenbank Federal Reserve hat die Leitzinsen erneut angehoben.
13.06.2018 23:15
Lesezeit: 3 min

Die US-Notenbank Fed strafft erneut die Zügel und will die Zinsen 2018 noch zwei Mal anheben. Sie erhöhte den geldpolitischen Schlüsselsatz am Mittwoch zum zweiten Mal in diesem Jahr - auf die neue Spanne von 1,75 bis 2,0 Prozent. Zuletzt hatte es 2008 und damit noch vor dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise eine Zwei vor dem Komma gegeben. An den Finanzmärkten war die Anhebung nach entsprechenden Signalen von Fed-Führungsmitgliedern erwartet worden. In ihrem Ausblick signalisierten die Währungshüter zwei weitere Schritte nach oben. Bislang hatten sie für 2018 nur insgesamt drei Erhöhungen avisiert.

Die Federal Reserve reagiert damit auf den anhaltenden Wirtschaftsaufschwung, der durch die radikale Steuerreform von US-Präsident Donald Trump zusätzlich befeuert wurde. "Dass das Zinsniveau jetzt wieder auf dieser Höhe angelangt ist, sagt etwas darüber aus, wie stark sich die US-Wirtschaft von der Finanzkrise erholt hat", sagte Ökonom Nathan Sheets vom Vermögensverwalter PGIM. Die Fed, die Vollbeschäftigung anstrebt, ist mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt 3,8 Prozent de facto am Ziel. Zudem ziehen die Preise an und nähern sich der von der US-Notenbank angepeilten Marke von zwei Prozent.

Ökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank wies daraufhin, dass die US-Notenbank nicht mehr weit von einem neutralen Zinsniveau entfernt ist: "Das heißt: Geht der Leitzins darüber hinaus, wirkt die Geldpolitik restriktiv und dämpft das Wachstum." Um die Investoren auf den zunehmend strafferen Kurs vorzubereiten, strich die Fed eine Passage aus ihrem Text. Darin hatte sie für "geraume Zeit" ein konjunkturförderndes Zinsniveau signalisiert.

Die Zinsen der US-Staatsanleihen stiegen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Entscheidung. An der Wall Street gaben die Kurse leicht nach. Der Euro gab einen Teil seiner Gewinne zum Dollar ab und lag knapp 0,1 Prozent höher bei 1,1754 Dollar.

Die EZB wird heute (Donnerstag) auf ihrer Ratssitzung in Riga möglicherweise eine wichtige Weiche in Richtung einer weniger expansiven Geldpolitik stellen. Ökonomen erwarten von Notenbankchef Mario Draghi zumindest Hinweise, dass die seit Frühjahr 2015 laufenden Anleihenkäufe noch dieses Jahr enden. Sie sind vor allem in Deutschland umstritten und sollen die aus EZB-Sicht zu niedrige Inflation nach oben treiben. Am Leitzins, der auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegt, dürfte die Europäische Zentralbank nicht rütteln. An der Börse wird frühestens Mitte 2019 mit einer ersten Zinserhöhung gerechnet.

Experten sagten zur US-Notenbank-Entscheidung in ersten Reaktionen:

UWE BURKERT, LBBW-CHEFVOLKSWIRT:

"Wir gehen davon aus, dass die Fed im September und Dezember erneut an der Leitzinsschraube dreht. Wesentliche Gründe für die Aufwärtsrevision des erwarteten Zinspfads dürften der Aufwärtstrend bei der Inflation und die anhaltend robuste Lage am Arbeitsmarkt sein, denn die Fed hat ihre Projektion für die Arbeitslosenquote nochmals nach unten genommen."

FRIEDRICH HEINEMANN, ZEW

"Die Fed handelt unter Jerome Powell, wie jede verantwortungsvolle Zentralbank bei steigender Überhitzungsgefahr der Konjunktur handeln muss. Die Zinserhöhungen sind dabei auch eine Antwort auf 'Trumpenomics'. Die Fed ist mit einer Administration konfrontiert, die mitten im Boom massive Steuersenkungen durchführt und Unternehmen zu umfassenden Gewinnrückführungen in die USA veranlasst. Hinzu kommt die Absage der Trump- Administration an offene Märkte mit neuen Zöllen, die sich in steigenden Importpreisen niederschlagen. All dies erhöht den Inflationsdruck und wird die Fed künftig zu weiteren Zinserhöhungen zwingen."

OTMAR LANG, CHEFVOLKSWIRT TARGOBANK:

"Der Schritt war von allen Marktteilnehmern schon seit langem erwartet worden - und es wird nicht die letzte Zinsanhebung in diesem Jahr sein. Auf absehbare Zeit wird die US-Konjunktur gut wachsen. Da tut die Fed gut daran, rechtzeitig gegenzuhalten und im Zweifelsfall eine Überhitzung der Konjunktur zu verhindern."

NATHAN SHEETS, PGIM ASSET MANAGEMENT:

"Dass das Zinsniveau jetzt wieder auf dieser Höhe ist, zeigt, wie stark sich die US-Wirtschaft von der Finanzkrise erholt hat. Erstmals seit mindestens einem Jahrzehnt kann die Fed mit Fug und Recht behaupten, dass sie ihr Mandat erfüllt. Es herrscht Vollbeschäftigung. Der Arbeitsmarkt läuft richtig rund. Und die Notenbank ist nahe an ihrem Inflationsziel dran. Dass die Wirtschaft durch die Effekte der Steuerreform womöglich einen Extraschub erhält, macht es der Fed leichter, die geldpolitische Normalisierung zu betreiben. Es ist durchaus möglich, dass es dieses Jahr zu insgesamt vier Zinsschritten kommt."

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