Politik

Österreich übt Abriegelung der Grenze gegen Flüchtlinge

Lesezeit: 2 min
26.06.2018 11:32
Österreich schickt für einen Übungseinsatz Soldaten und Polizisten an die Grenze zu Slowenien.
Österreich übt Abriegelung der Grenze gegen Flüchtlinge

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Mehrere hundert österreichische Polizisten und Soldaten haben laut dpa-AFX an der Grenze zu Slowenien die Abwehr einer großen Flüchtlingsgruppe geübt. Die Aktion solle ein klares Signal in die Welt hinaussenden, sagte Österreichs Innenminister Herbert Kickl von der rechten FPÖ am Dienstag in Spielfeld. "Ich bin fest entschlossen dass sich Ereignisse wie 2015 nie mehr wiederholen dürfen." Ein Staat, der im Fall der Fälle seine Grenzen nicht effektiv schützen könne, verliere seine Glaubwürdigkeit, erklärte Kickl. Die Übung solle einen Beitrag leisten, um das Vertrauen der Österreicher in die Abwehrmaßnahmen an den Grenzen sicherzustellen.

Die großangelegte Vorführung mit 500 Polizisten und mehr als 200 Soldaten fand an jenem Grenzübergang statt, an dem in der Hochzeit der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 Tausende Menschen über die Grenze strömten und dabei oft nicht registriert wurden. Derzeit kommen hier allerdings nur wenige Flüchtlinge an, wie Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark erklärte. "Die Zahl der Flüchtlinge, die direkt an der Grenzen stehen, ist praktisch Null." Es gebe einige wenige Aufgriffe, das betreffe aber vor allem das Hinterland sowie die Stadt Graz.

Am Grenzzaun in Spielfeld übernahmen am Dienstagmorgen mehr als 200 Polizeischüler die Rolle einer Flüchtlingsgruppe, die mit Sprechchören das Öffnen der Grenze forderte und von der Polizei zurückgehalten wurde. Die Soldaten sicherten ihre Kollegen im Hintergrund mit teils schwerem Gerät ab.

Aus Slowenien gab es in den vergangenen Tagen viel Kritik an der Übung, die zunächst an einem wichtigen slowenischen Feiertag stattfinden sollte und dann um einen Tag verschoben wurde. Sloweniens Innenministerin Vesna Györkös Znidar hatte nach Bekanntwerden der österreichischen Pläne betont, dass die Übung den Beziehungen der beiden Ländern und dem gemeinsamen Bemühen in der Flüchtlingspolitik auf keinen Fall helfen würde.

Im eigenen Land wurde Kickl unter anderem dafür kritisiert, dass es bereits am Montag eine Art Generalprobe gab. "Hat er (Kickl) wirklich so wenig Vertrauen in die Polizistinnen und Polizisten, dass er für eine Übung üben lässt?", sagte Hermann Greylinger von der sozialdemokratisch orientierten Polizeigewerkschaft.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), hat sich bemüht, Schärfe aus dem Asylstreit von CDU und CSU zu nehmen. Es sei "wichtig, dass die Fraktionsgemeinschaft auch mit Blick auf die Stabilität Deutschlands erhalten bleibt", mahnte er am Dienstag in Berlin. Die seit 70 Jahren bestehende Unionsgemeinschaft sei ein Erfolgsmodell - ihm habe niemand gesagt, dass er daran nicht festhalten wolle.

Es bestehe der Wunsch in der CDU, dass der Streit beigelegt werde, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer eine Lösung fänden und man gemeinsam nach vorne schauen könne, sagte Grosse-Brömer.

Merkel will ihren Kurs für eine europäische Lösung des Asylstreits am Nachmittag in der Unionsfraktion erläutern. Wie intensiv in der Aussprache darüber der Streit mit Seehofer Thema wird, war zunächst unklar.

Die Kanzlerin hat sich selbst eine Frist bis zum Umfeld des EU-Gipfels an diesem Donnerstag und Freitag gesetzt, um wesentliche Fortschritte zu erreichen für die von ihr angestrebte europäische Lösung bei Zurückweisungen bestimmter Migrantengruppen an der deutschen Grenze. Seehofer droht für den Fall, dass das nicht "wirkungsadäquat" gelingt, mit einem nationalen Alleingang. In diesem Fall könnte die Unionsgemeinschaft platzen und die große Koalition nach wenig mehr als 100 Tagen vor dem Aus stehen.

Am Abend kommt im Kanzleramt eine Koalitions-Spitzenrunde der Partei- und Fraktionschefs zusammen. Dort will die SPD vor allem klären, ob die Koalition angesichts des erbitterten Streits zwischen Merkel und Seehofer noch handlungsfähig ist.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...