Finanzen

Ökonom: EZB wird ihre Anleihe-Käufe auch 2019 fortführen

Der Finanzwissenschaftler und Jurist Markus C. Kerber kritisiert, dass die EZB ihr Anleihekaufprogramm auch in Zukunft weiterführen wird.
18.07.2018 17:30
Lesezeit: 1 min

Derzeit hält die Europäische Zentralbank Staatsanleihen der Euro-Länder im Umfang von rund 2, 6 Billionen Euro in ihren Büchern. Und sie wird die Einnahmen aus den erworbenen und fälligen Anleihen auch künftig – ohne zeitliche Befristung – reinvestieren. Dies bedeutet dem Finanzwissenschaftler und Juristen Prof. Markus C. Kerber, dem Gründer des Think Tanks „Europolis“, nichts anderes als eine Fortführung des Anleihekaufprogramms. Kerber hat er vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg dazu Stellung bezogen.

Kerber war einer der Initiatoren der Klage gegen das OMT- Programm der EZB vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dieses hatte den Fall an den EuGH weitergeleitet. Inzwischen hat die EZB das Anleihekaufprogramm fortgesetzt und dadurch Fakten geschaffen. „Was früher einmal die Ausnahme hätte sein sollen, ist nun zur Normalität geworden“, sagt Kerber. Dies führe zu einer Verzerrung des Wettbewerbs auf den Kapitalmärkten.

Zudem seien die Haftungsrisiken für die einzelnen nationalen Zentralbanken enorm. Zwar sollten nur 20 Prozent des Volumens einer Gemeinschaftshaftung unterliegen, doch auch ein derartiger Betrag könne für kleinere Zentralbanken nicht tragbar sein. Die EZB spreche, was etwaige Zahlungsausfälle anbelange, von rein „theoretischen Risiken.“ Für Kerber hingegen ist ein Risiko immer ein Risiko und ist per Definition theoretisch – solange es nicht eintritt.

Tatsächlich zeige die Entwicklung, dass die EZB zur Gefangenen ihrer eigenen Politik geworden sei. Stoppe die EZB ihre Ankäufe und investiere sie die Einnahmen fällig werdender Anleihen nicht in den Kauf weiterer Anleihen, würden auf dem freien Markt die Zinsaufschläge steigen. Länder wie Italien könnten dann Probleme bekommen, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Ein Staatsbankrott sei dann nicht auszuschließen. Das hieße, das von der EZB als theoretisch bezeichnete Risiko würde real.

Der Generalanwalt wird dem EuGH am 5. Oktober 2019 ein Gutachten vorlegen. Das anschließende Urteil wird von der Klägergruppe „Europolis“ mit Spannung erwartet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...