Die syrische Armee (SAA) hat am Wochenende Dutzende Mitglieder der Al-Nusra-Front (Hayat Tahrir al-Scham/HTS) im Grenzgebiet zwischen Idlib und Hama außer Gefecht gesetzt. Die Operation erfolgte im südwestlichen Waldgebiet von Dschisr al-Schughour im äußersten Südwesten von Idlib. Unter den Toten soll sich auch der HTS-Scharfschütze Iyad Kasar Ramoud befunden haben, meldet die syrische staatliche Nachrichtenagentur SANA. Unklar bleibt, wo die HTS-Scharfschützen ausgebildet wurden. In der nördlichen Landschaft von Hama griff die SAA eine Gruppe von HTS-Söldnern an, die sich in der Umgebung von al-Latamina bewegten.
Am Sonntag griffen Söldner das Dorf Jorin im äußersten Nordwesten von Hama mit Granaten an. Dabei wurde lediglich ein materieller Schaden verursacht, so SANA.
Am Wochenende ist am 11. türkischen Beobachterposten in Dschisr al-Schughour (Idlib) ein türkischer Militärkonvoi von 50 Militärfahrzeugen angekommen, so die Hürriyet. Bei Dschisr al-Schughour sind auch zahlreiche syrische Truppen stationiert, die nach Idlib eindringen wollen.
Russland und Türkei
Russland und die Türkei haben sich am Montag auf die Einrichtung einer Deeskalationszone geeinigt. Der Kampf gegen die al-Nusra-Front soll jedoch weitergehen. Der türkische Sicherheitsanalyst Necdet Özçelik sagte dem Blatt Star, dass es nicht möglich sei, die Kämpfer von HTS und der Islamischen Partei Turkestan (TIP) davon zu überzeugen, ihre Waffen niederzulegen. Diese Gruppen unterscheiden sich von allen anderen Gruppen durch ihre Unerbittlichkeit. „Diese Gruppe besteht aus Syrern, die der salafistischen Ideologie folgen. Unter allen radikalen Gruppen hat diese Gruppe einen besonderen Platz, zumal sie über 10.000 bis 12.000 Kämpfer verfügt. Es ist völlig unklar, ob die Gruppe die Fähigkeit besitzt, sich von ihrer Ideologie zu trennen. Dem optimistischsten Szenario zufolge müsste sich die Gruppe auflösen, um ihre Kämpfer dann auf die moderaten Gruppen zu verteilen. Die TIP verlegte im Jahr 1996 ihren Hauptsitz von China nach Wasiristan, das sich im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet befindet. Es wird geschätzt, dass diese Gruppe über 2.000 Kämpfer verfügt. Sie ist in Dschisr al-Schughour und in den Regionen Turkmen-Berg und Kurd Dagh aktiv.“
Währenddessen haben die Kurden-Milizen der YPG eine Kehrtwende gemacht und eine Beteiligung an der syrisch-russischen Operation zurückgewiesen. YPG-Sprecher Nuri Mahmud sagte: „Während die Wahrscheinlichkeit einer Militäraktion in der Stadt Idlib und ihrer Umgebung steigt, haben einige Medien über die Beteiligung unserer Truppen an dieser Operation gesprochen. Diese Art von Anschuldigungen ist reine Spekulation und weit entfernt von der Wahrheit.“ Kurdistan24 berichtet: „Es gibt nicht viele Anzeichen für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Damaskus und den syrischen Kurden, abgesehen von einer Delegation des Syrischen Demokratischen Rates, die vor ein paar Wochen in Damaskus Gespräche geführt hatte. Am 8. September wurden bei schweren Zusammenstößen zwischen kurdischen Sicherheitskräften und der syrischen Soldaten mindestens elf syrische Regierungssoldaten und ein Mitglied der kurdischen Sicherheitspolizei (Asajisch, Anm. d. Red.) getötet.“
Zuvor hatte der Guardian am 8. September berichtet, dass sich von den USA „gekränkte“ Kurden-Milizen an der syrisch-russischen Offensive in Idlib beteiligen wollen.
Lage der Christen und Muslime schlecht
Weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit, hatte HTS am 7. und 8. September 2018 das mehrheitlich christliche Dorf Mhardeh, das sich in Hama bei Idlib befindet, angegriffen. Der Organisation „International Christian Concern“ zufolge setzten die Söldner Raketen ein. Bei dem Angriff sollen zehn Zivilisten getötet und weitere 20 verletzt worden sein. Die SAA habe mit einem Gegenangriff auf die Söldner reagiert. Claire Evans, die als Regionalmanagerin der Organisation fungiert, sagte: „Das Massaker an unschuldigen christlichen Zivilisten, einschließlich Kindern, in Mhardeh ist eine Tragödie von großem Ausmaß.“
Der HTS-Angriff gegen Mhardeh ist als Vergeltungsschlag einzustufen, weil die syrischen Christen personell und politisch die SAA und die Regierung in Damaskus unterstützen. Syrische Christen dienen nicht nur in der SAA, sondern verfügen auch über zwei pro-syrische paramilitärische Divisionen, die sich „Mhardeh“ und „Suqaylabiyah“ nennen.
Im März 2015 hatte die Al-Nusra-Front die Stadt Idlib in der gleichnamigen Provinz erobert. Bald darauf begannen sie, Priester zu entführen, Kirchen zu entweihen und syrische Christen zu vertreiben. Die Organisation Christian Solidarity International (CSI) berichtete im Juli 2015, dass in der Stadt Idlib 1.300 syrische Christen lebten. Die Al-Nusra-Front habe die meisten vertrieben oder getötet. Zurückgeblieben seien nur noch zwei syrische Christen. In Bezug auf die von den Regierungstruppen zurückeroberten Gebiete, zu denen auch die Stadt Homs gehört, führt der Economist aus: „Kirchen wurden aufwendig restauriert; Ein großes Kruzifix hängt über der Hauptstraße. 'Bräutigam des Himmels', verkündet eine Werbetafel mit einem Foto eines christlichen Soldaten, der im siebenjährigen Konflikt getötet wurde. In ihren Predigten loben orthodoxe Patriarchen Assad für die Rettung einer der ältesten christlichen Gemeinschaften der Welt.“
US-Senator Richard Black sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Die Vereinigten Staaten führen seit fast 18 Jahren Krieg im Nahen Osten. Diese Kriege haben christliche Zivilisationen zerstört, die seit Jahrtausenden gediehen. Ich bin entschlossen, alles zu tun, um den Frieden in der Region wiederherzustellen, damit Christen und Muslime das Schrecken und Blutvergießen ungerechter Kriege erspart bleiben.“