Politik

Le Figaro: Saudi-König will Mohammed bin Salman ablösen

Der Machtkampf der Prinzen in Saudi-Arabien könnte eine überraschende Wendung nehmen.
19.10.2018 14:55
Lesezeit: 3 min

Die französische Zeitung Le Figaro veröffentlichte am Donnerstag einen Bericht, wonach die saudische Königsfamilie einen Nachfolger für Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) sucht. Das Königreich befindet sich aufgrund des Falls des verschwundenen Journalisten Jamal Kashogghi unter Druck. Das Verschwinden von Khashoggi wird MBS angelastet. Seit mehreren Tagen führt die Treuhänderkommission, die für die Thronfolge in Saudi-Arabien verantwortlich ist, Sitzungen durch, bestätigte eine anonyme französische Diplomaten-Quelle dem Blatt. Eine saudische Quelle aus Riad bestätigte diese Entwicklung.

Der Figaro wörtlich:

"Seit mehrere Tagen trifft sich die Treuhänderkommission für die herrschende saudische Familie mit äußerster Diskretion, sagt eine diplomatische Quelle für Le Figaro in Paris. Die Informationen wurden von einem in Riad kontaktierten Saudi bestätigt. Er besteht aus einem Delegierten, der die Clans - mindestens sieben - der königlichen Familie vertritt, und untersucht die Situation, die durch das vor zwei Wochen noch ungelöste Verschwinden des Journalisten-Dissidenten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul entstanden ist."

Mehrere Tage lang trifft sich der Treuegartenrat für die herrschende saudische Familie mit äußerster Diskretion, sagt eine diplomatische Quelle für Le Figaro in Paris. Die Informationen wurden von einem in Riad kontaktierten Saudianer bestätigt. Er besteht aus einem Delegierten, der die Clans - mindestens sieben - der königlichen Familie vertritt, und untersucht die Situation, die durch das vor zwei Wochen noch ungelöste Verschwinden des Journalisten-Dissidenten Jamal Khashoggi entstanden ist im saudischen Konsulat in Istanbul."

Die New York Times berichtet, dass der saudische Botschafter in Washington, Prinz Khalid Bin Salman, bereits in der vergangenen Woche nach Saudi-Arabien zurückgekehrt ist. Khalid Bin Salman, der der jüngere Bruder von MBS ist, wird nicht mehr in die USA zurückkehren. Le Figaro führt aus, dass Khalid Bin Salman mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Nachfolge von MBS antreten wird.

Am Dienstag traf sich US-Außenminister Mike Pompeo mit dem saudischen König Salman in Riad, berichtet die Saudi Gazette.

An dem Treffen nahmen der saudische Innenminister Prinz Abdul Aziz Bin Saud Bin Naif, Prinz Khalid Bin Salman, der Staatsminister und Kabinettsmitglied Dr. Musaed Bin Mohammed Al-Aiban, der Außenminister Adel Al Jubeir und der US-Staatssekretär für politische Angelegenheiten, David Hale, teil. Kronprinz MBS nahm an dem Treffen nicht teil. Pompeo führte ein gesondertes Gespräch mit ihm.

Es bleibt unklar, ob MBS durch seinen Bruder Prinz Khalid Bin Salman abgelöst werden soll, zumal MBS sowohl unter zahlreichen Prinzen als auch im Ausland mittlerweile hochumstritten ist. Prinz Khaled bin Farhan, der im deutschen Exil lebt, kritisiert MBS scharf. The Middle East Eye berichtet: „Er warnte davor, dass, wenn MBS an der Macht bleiben würde, ein Umbruch folgen würde. 'Ich möchte den Europäern sagen, dass die Situation in Saudi-Arabien einem Vulkan ähnelt, der kurz vor dem Ausbruch steht. Wenn es ausbricht, wird es nicht nur die Situation in Saudi-Arabien oder in der arabischen Region beeinflussen, sondern es wird sich auch auf Sie auswirken'. MBS hat im letzten Jahr einen beachtlichen Aufstieg hingelegt, aber Prinz Khaled sagte, dass er viele Jahre lang ein gewöhnliches Familienmitglied gewesen sei und dass er als Jugendlicher unter 'psychologischen Problemen' gelitten habe. 'Ich würde nicht sagen, dass er gewalttätig war', sagte Prinz Khaled, 'aber als er jünger war, hatte er in der königlichen Familie keinen Status. Er war ein gewöhnliches Mitglied der Familie. Seine Brüder hatten höhere Positionen, und sie hatten eine Stimme innerhalb der saudischen herrschenden Elite. Natürlich waren seine Cousins älter, erfahrener, besser aufgestellt, gebildeter und alles andere. '"

Wenn der saudische Journalist Jamal Khashoggi tatsächlich ermordet wurde, wird MBS die Verantwortung dafür übernehmen müssen. Es ist nicht auszuschließen, dass MBS aufgrund des Falls Khashoggi alsbald selbstständig zurücktritt und von seinem Bruder Prinz Khalid Bin Salman ersetzt wird.

Der Fall Khashoggi

Währenddessen soll auch der saudische Generalkonsul Mohammed Al Utaybi am Dienstag um 16 Uhr (MET) vom Istanbuler Atatürk-Flughafen zurück nach Saudi-Arabien geflogen sein. Die türkische Polizei hat am späten Dienstagnachmittag eine Hausdurchsuchung am Istanbuler Wohnsitz des Generalkonsuls durchgeführt. Ein Vertreter des türkischen Außenministeriums sagte der Zeitung Hürriyet, dass der Rückflug des saudischen Generalkonsuls keine gemeinsame Entscheidung Saudi-Arabiens und der Türkei gewesen sei. Zuvor hatte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu gesagt: „Wenn ein saudischer Diplomat in seine Heimat zurückkehren möchte, kann er das tun. Wir werden diesen Fall aufklären. Die gesamte Welt ist neugierig. Es geht um ein Menschenleben.“

Habertürk zufolge könnte der angebliche Mord an Jamal Khashoggi in der Residenz des saudischen Generalkonsuls abgeschlossen worden sein. The Daily Sabah führt aus: „Die türkische Polizei hat am Dienstag im saudi-arabischen Konsulat Beweise gefunden, die auf die Ermordung Jamal Khashoggis hinweisen sollen“, sagte ein türkischer Beamter gegenüber der Associated Press.

Zuvor hatte die Polizei nach dem saudi-arabischen Konsulat auch eine Durchsuchung der Residenz des Konsuls angekündigt. Nach Angaben von Präsident Recep Tayyip Erdoğan prüften die Ermittler unter anderem, ob in dem Fall Gift eine Rolle gespielt haben könnte. Khashoggi wurde nach Einschätzung der türkischen Behörden in dem Konsulat ermordet. Saudi-Arabien weist dies zurück. US-Medien berichteten allerdings, das Königreich bereite eine Erklärung vor, mit der es einräume, dass der Regierungskritiker bei einem schief gelaufenen Verhör ums Leben gekommen sei.

Auch Russland hat sich mittlerweile zu dem Fall geäußert. Der englischsprachige Dienst von Reuters meldet: „Russland begrüßt die Vereinbarung zwischen der Türkei und Saudi-Arabien, eine gemeinsame Untersuchung des Falles des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi durchzuführen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag bei Interfax. Russland hofft, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung veröffentlicht werden, fügte Lawrow hinzu.“

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