Durch den Zulassungsstau infolge der Umstellung auf den neuen Abgasprüfzyklus sank das Bruttoinlandsprodukt von Juli bis September um 0,2 Prozent, bestätigte das Statistische Bundesamt am Freitag eine frühere Schätzung. Das war nicht nur der erste Rückgang im Quartalsvergleich seit Anfang 2015, sondern zugleich der stärkste seit fünfeinhalb Jahren. Im ersten Vierteljahr hatte es ein Plus von 0,4 Prozent gegeben, im zweiten von 0,5 Prozent.
Experten machen die Autoindustrie für das schwache Abschneiden verantwortlich, deren Probleme mit der Umstellung auf den neuen Prüfzyklus einen Zulassungsstau auslöste. Die Folge: Trotz Rekordbeschäftigung und steigender Löhne gaben die Verbraucher 0,3 Prozent weniger für den Konsum aus. Zudem schrumpften die Exporte um 0,9 Prozent. Die Importe legten hingegen um 1,3 Prozent zu. Positive Impulse kamen von den Investitionen: Für Ausrüstungen wie Maschinen und Geräte wurden 0,8 Prozent mehr ausgegeben, für Bauten 0,9 Prozent mehr. Die staatlichen Konsumausgaben wuchsen um 0,2 Prozent.
Wegen der Sommerflaute ist führenden Instituten zufolge die Regierungsprognose für das laufende Jahr von 1,8 Prozent kaum mehr erreichbar. Dafür müsste das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Schlussquartal um außerordentlich starke 1,3 Prozent wachsen, berechneten das Münchner Ifo, das Berliner DIW und das Kieler IfW. Stattdessen dürfte es im Gesamtjahr eher zu rund 1,5 Prozent reichen. Die für 2019 erwarteten 1,8 Prozent halten die Institute aber für machbar.
In ersten Reaktionen hieß es dazu:
JÖRG ZEUNER, KFW:
"Die Schrumpfung der deutschen Wirtschaft im Sommer wird ein Ausrutscher bleiben. Das legt nicht nur die Zunahme bei den Investitionen nahe, sondern auch der relativ starke Zuwachs der Importe, der auf eine anhaltend kräftige Grunddynamik der Binnennachfrage schließen lässt.
Im Schlussquartal dürfte es einen deutlichen Rückprall geben, darüber hinaus aber keine Rückkehr zu dauerhaft hohen Quartalswachstumsraten. Die zuvor sehr kräftige Konjunktur mit dem Jahr 2017 als Höhepunkt kühlt ab."
THOMAS GITZEL, VP BANK:
"Es kann eigentlich nur besser werden. Das neue WLTP-Testverfahren hinterlässt in der deutschen Automobilwirtschaft und damit beim privaten Konsum und den Exporten massive Bremsspuren. Da es sich hierbei aber um einen vorübergehenden Einmaleffekt handelt, sollten in den kommenden Quartalen kompensatorische Effekte auf der Agenda stehen. Alleine dies wird ausreichen, um das Wachstum wieder in die Spur zu bekommen. Trotz allem werden die kommenden Zuwächse keine Himmelsstürmer werden. Die globale Konjunktur schwächelt, was das exportstarke Deutschland besonders deutlich zu spüren bekommt.
Um aber nicht vollends ins Trübsal blasen zu verfallen: Der private Konsum, die Ausrüstungsinvestitionen und die Bauwirtschaft werden das Wachstum auf Kurs halten. Wenngleich Mario Draghi in Deutschland gerne der Buhmann ist, der in den Augen vieler mit seiner Niedrigzinspolitik den Sparern die Freude verdirbt, der Konjunktur hilft er derzeit. Der Treibstoff für das Wachstum der Investitionen sind vor allem die niedrigen Zinsen. Mario Draghi sei also Dank, dass es nicht noch schlimmer kam und kommt."