Finanzen

Italiener bringen ihre Ersparnisse in die Schweiz

Lesezeit: 2 min
07.12.2018 16:56
Die Geldflüsse von Italien in die Schweiz haben in den vergangenen Wochen deutlich an Umfang zugenommen.
Italiener bringen ihre Ersparnisse in die Schweiz

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Verunsicherung vieler Italiener über den politischen Kurs der Regierung in Rom sorgt bei den Banken in der Schweiz für reges Treiben. Denn zahlreiche beunruhigte Bankkunden bringen einen Teil ihres Vermögens in den benachbarten "sicheren Hafen" - bevorzugt in den italienischsprachigen Kanton Tessin im Süden der Schweiz.

Zwar stellt sich die italienische Regierung hinter die Euro-Mitgliedschaft und hat versprochen, die Sparguthaben der Bürger nicht zu besteuern. Doch der heftige Schlagabtausch um das Staatsbudget des hoch verschuldeten Landes strapaziert die Nerven.

"Wir erhalten Informations-Anfragen wie man ein Konto eröffnet, wie man investiert und was Alternativen sind zu Euro-Anlagen oder italienischen Anleihen", sagt Franco Citterio, Direktor der Tessiner Bankiervereinigung. Dieses Phänomen hätten die Banken bereits bei früheren Krisen in Italien beobachtet. Sobald dort die Unsicherheit steige, fließe Geld verstärkt in die Schweiz. "Wir beobachten, dass die Menschen besorgt sind, was das italienische Bankensystem betrifft und mit Blick auf die öffentliche Verschuldung. Sie wollen wissen, was passiert und ihr Geld diversifiziert anlegen."

Auch Vermögensverwalter in der Region spüren ein verstärktes Interesse aus Italien. "Es gibt einige Kunden, die unruhig sind wegen der Situation in Italien. Einige haben angefangen, das Geld von Italien in die Schweiz zu bringen", berichtet Fabio Poma, Geschäftsführer beim Vermögensverwalter WMM Group. "Die beste Sicherheit, die man im Moment haben kann, ist, das Geld in ein anderes Land zu bringen. Die Leute haben die Möglichkeit in andere Währungen zu investieren. In Italien ist das etwas schwierig."

Und auch Holger Schmitz vom Vermögensverwalter Schmitz & Partner mit Sitz am Lago Maggiore berichtet von verstärkten Zuflüssen in die Region. "Seit Frühsommer haben viele Italiener Angst vor dem Austritt Italiens aus dem Euro." Bei der Einführung einer neuen Lira könnten sie Teile ihres Vermögens verlieren. "Das ist der Hintergrund, warum viele reiche Leute aus Norditalien die kurzen Wege genutzt haben, ihr Geld zu Schweizer Banken zu bringen und dann auch aus dem Euro in Schweizer Franken umzutauschen", sagt er.

Abzulesen ist das auch in der Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr BIZ. Deren Daten reichen aktuell zwar nur bis Mitte 2018 zurück - als die neue italienische Regierung gerade angetreten war. Dennoch zeigen sie einen deutlichen Trend: Vom dritten Quartal 2017 bis Mitte 2018 sind die Vermögen und Kredite der Italiener bei Schweizer Banken um rund fünf Prozent gestiegen - auf nunmehr 13,7 Milliarden Dollar.

Die Angst der Italiener kommt nicht von ungefähr: Der Staat hat schon einmal versucht, mit Hilfe einer Abgabe auf Sparguthaben die öffentlichen Finanzen zu sanieren: 1992 hatte Italien quasi über Nacht eine Zwangssteuer auf italienische Bankkonten erhoben. Das hat Spuren hinterlassen: Ein Unternehmer aus Norditalien etwa hat im Oktober ein Konto bei einer Bank in Lugano eröffnet - um einen sicheren Ort für sein Vermögen von einer halben Million Euro zu haben. Denn seit dem Antritt der neuen Regierung in Rom sei er verunsichert. "Ich fühle mich nicht wohl dabei, all mein Geld hier zu parken. Ich will eine sichere Ausstiegsstrategie, wenn die Dinge schlimmer werden", sagt er.

Den Banken im Tessin sind solche Kunden willkommen. "Für uns ist das eine gute Gelegenheit", erklärt ein Manager eines Tessiner Instituts. Einige Geldhäuser hätten mit dem Ende des Bankgeheimnisses und dem Kampf gegen Steuerflüchtlinge 25 bis 30 Prozent ihrer Kunden verloren - und könnten nun einen Teil davon zurückgewinnen. "Jetzt ist das Geld transparent, es geht nicht mehr um Steuerhinterziehung."

Die Gelder, die nun zu Schweizer Banken fließen, stammen vor allem aus der oberen Mittelschicht Italiens. Für die großen Schweizer Vermögensverwalter und Privatbanken dürfte das kein nennenswertes Zusatzgeschäft bringen. "Das ist der Notgroschen der Zahnärzte und Lehrer", sagt eine mit der Situation vertraute Person. Millionäre und Milliardäre - die Hauptkundschaft der Schweizer Privatbanken - hätten ihr Geld ohnehin breit gestreut.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...

DWN
Technologie
Technologie Sprunginnovation: In der Lausitz wird das größte Höhenwindrad der Welt errichtet
06.05.2024

Die Sache klingt zunächst irgendwie tragisch. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen versucht, in der Lausitz in 365 Metern Höhenwinde...

DWN
Politik
Politik Verstöße gegen EU-Werte: Kommission will Verfahren gegen Polen beenden
06.05.2024

Die EU-Kommission will das Artikel-7-Verfahren gegen Polen beenden. Es war wegen etwaiger Verstöße gegen die Werte der Europäischen...