Finanzen

Bundesrechnungshof übt schwere Kritik an Deutscher Bahn

Lesezeit: 2 min
07.12.2018 16:59
Der Bundesrechnungshof übt schwere Kritik an der Führung der Deutschen Bahn.

Die Deutsche Bahn spart bei der Instandhaltung von Gleisen, Brücken oder Bahnhöfen - solange, bis der Bund zahlen muss. Diesen Vorwurf erhebt der Bundesrechnungshof und verlangt, solche und andere Schwächen in der Finanzierungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund schnell zu beheben. Die Bahn fahre schon "jahrelang auf Verschleiß", kritisierte Rechnungshofpräsident Kay Scheller am Freitag.

Die Bahn sei für Bürger und Wirtschaft zu wichtig, als dass Deutschland noch weiter mit einem System fahre, das nicht halte, was es verspreche, sagte Scheller. Es gehe vor allem um die Bahninfrastruktur: 25.000 Eisenbahnbrücken, 5600 Bahnhöfe, 33.000 Kilometer Schienennetz, Stellwerke und Oberleitungen müssten nicht mehr einfach nur instandgehalten werden, sondern "rundweg ersetzt oder in Teilen erneuert".

Zwar flossen seit 2009 rund 30 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zwischen Bahn und Bund. Im Jahr 2009 waren es rund 2,5 Milliarden Euro - für 2019 sind 4,15 Milliarden Euro eingeplant. Doch die derzeitige LuFV leistet laut Scheller nicht, was sie soll. Die "schwerwiegenden Mängel" müssten daher jetzt und nicht erst wie geplant in einigen Jahren abgestellt werden, forderte der Rechnungshofpräsident.

Getrennte Finanzierungslasten sorgen für Fehlanreize. Die Bahn muss die Instandhaltung aus eigenen Mitteln zahlen, der Bund finanziert die Ersatzinvestitionen. So ist es für das Unternehmen günstig, auf Verschleiß zu fahren. Wenn dann der Ersatz von Schienen oder Brücken überfällig ist, muss dies der Bund finanzieren.

Vertraglich vereinbarte Qualitätskennzahlen zur Infrastruktur bilden den Zustand laut Rechnungshof nur unzureichend ab - sie zeigen eine kontinuierliche Verbesserung, obwohl der Investitionsstau wächst. Mängel im Schienennetz gelten etwa erst nach 100 Tagen Dauer als Mangel - 97 Prozent des Schienennetzes kann die Bahn so als einwandfrei deklarieren. Ob diese 97 Prozent im Gegenteil schon defekt sind, lasse sich nicht erkennen.

Sanktionen sind laut Rechnungshof wirkungslos, weil die Beträge, die der Bund fordern kann, gering sind. So muss er binnen fünf Jahren 875 Brücken ganz oder teilweise erneuern. Wird dieses Ziel nicht erreicht, ist eine einmalige Strafe in Höhe von 15 Millionen Euro vorgesehen - egal, ob die Bahn gar keine Brücke saniert oder 874.

Das zuständige Bundesverkehrsministerium schließlich prüfe weder die wirtschaftliche Verwendung der Bundesmittel noch den Erfolg seiner Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn. Wie die Tochtergesellschaften des Konzerns die Milliardenzuschüsse für den Erhalt der Infrastruktur einsetzen, wisse das Ministerium nicht.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wolle daran auch nichts ändern, kritisierte Scheller. Das sei "wenig ambitioniert und riskant". "Es besteht die Gefahr, dass sich der Zustand der Eisenbahninfrastruktur trotz steigender Bundesmittel weiter verschlechtert."

Scheller appellierte daher an den Bundestag, die Schwächen zu beheben. Die Abgeordneten könnten jetzt notwendige Korrekturen erörtern - und nicht erst, nachdem Scheuer wie geplant in der zweiten Jahreshälfte 2019 einen fertig ausgehandelten Vertragsentwurf vorlegt.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte einen "Neustart" auf der Schiene. Jeder Euro, den der Bund in die Bahn stecke, müsse bei den Fahrgästen ankommen. Es brauche eine grundlegende Reform. Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, schlug die Überführung in eine bundeseigene Gesellschaft vor. Nur so könnten die Allgemeinwohlverpflichtungen erfüllt werden. Das Schienennetz dürfe nicht einem Konzern überlassen werden, der damit 2017 einen Gewinn von rund einer Milliarde Euro erwirtschaftete.

Die bahnpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Leidig, forderte: Alle Gelder, die vom Staat in die Bahn-Töchter Netz, Station und Service flössen, müssten dort bleiben und reinvestiert werden.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....