Pläne für höhere Staatsausgaben in Frankreich sorgen für Unruhe an den dortigen Anleihemärkten. Der Risikoaufschlag für die zehnjährigen französischen Titel auf die ebenso lang laufenden Bundesanleihen weitete sich am Dienstag auf 47,5 Basispunkte aus und erreichte damit den höchsten Stand seit eineinhalb Jahren. Die Rendite der französischen Papiere liegt derzeit bei 0,71 Prozent.
"Die Maßnahmen der Regierung in Paris lassen darauf schließen, dass sich das Staatsdefizit 2019 ausweitet und sich die finanzielle Position Frankreichs schwächt", sagte Commerzbank-Analyst Rainer Guntermann.
Der französische Präsident Emmanuel Macron will mit sozialen Maßnahmen auf die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen die Steuerpläne der Regierung reagieren. So soll der Mindestlohn um 100 Euro pro Monat steigen. Ruheständler, die eine Rente unter 2000 Euro beziehen, sollen von Steuererhöhungen ausgenommen werden. Zudem soll auf die Wiedereinführung der Vermögenssteuer verzichtet werden.
Nach Angaben aus Macrons Umfeld droht Frankreich im kommenden Jahr deshalb ein Verstoß gegen die EU-Vorgabe, wonach das Defizit drei Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Parlamentspräsident Richard Ferrand sagte, die Obergrenze werde 2019 "vorübergehend" überschritten. Der Macron-nahe Ökonom Philippe Aghion sagte dem Sender France Info, das Defizit könne durch die Zusagen an die "Gelbwesten" auf bis zu 3,5 Prozent steigen - bisher rechnete die Regierung für das kommende Jahr mit 2,8 Prozent.
Insgesamt könnten Macrons Zugeständnisse laut Experten ein Loch von bis zu 15 Milliarden Euro in die ohnehin klamme Staatskasse reißen. Die Kosten für die am Montag angekündigte Anhebung des Mindestlohns und Entlastungen für Rentner und Arbeitnehmer veranschlagt die Regierung auf "zwischen acht und zehn Milliarden Euro". Dazu kommen rund 4,5 Milliarden Euro für das zuvor angekündigte Einfrieren der Ökosteuer und von Strom- und Gaspreisen.
Halten die Proteste weiter an, muss Macron womöglich Abstriche am Kern seiner Reformen machen. Das gilt etwa für die für 2019 angekündigte Neuordnung der Rentenversicherung, mit der er die Kosten für den Staat senken will. Oder aber für die Reform der Arbeitslosenversicherung. Zudem könnte er gezwungen sein, steuerliche Entlastungen für Unternehmen aufzuschieben. Damit würde er einen Teil seiner Wählerschaft verprellen.