Deutschland

Streiks legen Flugverkehr über Deutschland teilweise lahm

Die Streiks des Sicherheitspersonals an mehreren Flughäfen haben den Flugbetrieb empfindlich gestört.
15.01.2019 11:00
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Ohne Sicherheitskontrollen läuft im Luftverkehr nichts. Wegen erneuter Warnstreiks privater Sicherheitskräfte an acht deutschen Flughäfen sind daher am Dienstag hunderte Flüge ausgefallen. Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV blieben über 200 000 Passagiere am Boden. Verdi- Verhandlungsführer Benjamin Roscher drohte mit neuen Streiks noch vor der nächsten Verhandlungsrunde am 23. Januar, falls ein verbessertes Angebot der Arbeitgeber ausbleibe.

Bei den Arbeitsniederlegungen unter anderem in Frankfurt, München und Hamburg handelte sich um die dritte Warnstreikwelle der Gewerkschaft Verdi, die für die privaten Luftsicherheitsassistenten einen bundesweit einheitlichen Stundenlohn von 20 Euro erstreiten will. Auch der Deutsche Beamtenbund (DBB), der 19,50 Euro fordert, hatte seine Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Gestreikt wurde auch in Hannover, Leipzig, Dresden, Erfurt und Bremen.

Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt gab es nur innerhalb des Transitbereichs Kontrollen für Umsteiger, einen neuen Flug konnte in Frankfurt am Dienstag bis 20.00 Uhr niemand antreten, da keine Kontrollstellen geöffnet waren. Von den mehr als 1200 geplanten Flügen fiel mehr als die Hälfte aus. Die Folge waren laut Betreiber Fraport fast menschenleere Terminals, in denen sich nur einzelne Heimkehrer und Bedienstete aufhielten. An den Streiks beteiligten sich laut DBB deutlich mehr als 1000 Beschäftigte. "Das ist eine beeindruckende Antwort der Beschäftigten auf die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber", erklärte DBB-Verhandlungsführer Volker Geyer. Bei regulärem Flugbetrieb wären etwa 135 000 Passagiere am größten deutschen Luftverkehrsdrehkreuz erwartet worden.

Neben den Passagieren waren auch Unternehmer wie der Systemgastronom Stefan Seiz unter den Leidtragenden. Seiz betreibt am Flughafen zwölf Imbiss-Bars und machte auf die Einkommensunterschiede seiner Leute zu den Kontrolleuren aufmerksam. "Wir sind hier noch lange nicht bei den geforderten 19,50 Euro Stundenlohn." Seine Servicekräfte verdienten im Schnitt 11 Euro in der Stunde, berichtete der Gastronom.

"Alle sind sehr geduldig", sagte die Sprecherin des Flughafens Hannover-Langenhagen, Anika Studders. "Es ist für unsere Passagiere ärgerlich." Da der Streik 48 Stunden vorher angekündigt worden war, wichen bei Inlandsverbindungen viele Reisende auf Bahn oder Auto aus. Die Fluggesellschaft Tuifly verlegte vier Abflüge von Ferienfliegern aus Hannover an den Flughafen Paderborn-Lippstadt. Die Passagiere sollten mit dem Bus dorthin gebracht werden. Auch nicht bestreikte Flughäfen wie Berlin-Tegel waren durch Flugausfälle beispielsweise nach Frankfurt und München betroffen.

Verdi-Verhandlungsführer Roscher verlangte ein schnelles Signal der Arbeitgeber deutlich vor der fünften Verhandlungsrunde am 23. Januar in Berlin. Anderenfalls seien weitere Warnstreiks noch vor diesem Termin nicht ausgeschlossen. Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) lehnte dies ab. "Verdi selbst hat diesen späten Verhandlungstermin gewünscht. Wir werden jetzt nicht über die Medien ein neues Angebot unterbreiten", sagte Verbandssprecherin Silke Wollmann.

Hintergrund sind die bislang ergebnislosen Tarifverhandlungen für rund 23 000 Beschäftigte. Verdi verlangt für die rund 15 000 staatlich geprüften Mitarbeiter brutto 20 Euro pro Stunde, der DBB fordert 19,50 Euro. Bislang sind die Stundenlöhne in der Branche regional sehr unterschiedlich, so dass sich den Arbeitgebern zufolge Lohnsteigerungen von bis zu 44 Prozent ergeben. In Bayern verdienen staatlich geprüfte Gepäckkontrolleure derzeit 13,93 Euro in der Stunde. Verdi pocht auf deutliche Lohnerhöhungen auch in Ostdeutschland.

Bereits in der vergangenen Woche hatte es Warnstreiks des privaten Flugsicherheitspersonals gegeben - zunächst an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld, dann in Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. Verbände, einzelne Arbeitgeber sowie die Airlines hatten die Streiks wiederholt als unverhältnismäßig bezeichnet und vor allem die wirtschaftlichen Folgen für unbeteiligte Dritte beklagt.

Die privaten Sicherheitsdienste werden an den Flughäfen bei der Kontrolle von Passagieren, Gepäck und Personal im Auftrag der Bundespolizei oder der Länder eingesetzt. Die derzeitige Stundenlohnspanne inklusive leichterer Servicedienstleistungen reicht mit starken regionalen Unterschieden von 10,75 Euro bis 17,16 Euro. Die Kosten für die Kontrollen werden über Gebühren auf die Tickets und damit auf die Passagiere umgelegt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...