Das Land Niedersachsen wird keine aus der Türkei entsandten Imame des Moscheeverbands Ditib mehr als Seelsorger in Gefängnissen zulassen. Der entsprechende Vertrag mit dem niedersächsischen Ditib-Verband sei am Montag gekündigt worden, erklärte Landesjustizministerin Barbara Havliza (CDU) am Dienstag. In einem derart sensiblen Bereich wie dem Strafvollzug müsse "ungetrübtes Vertrauen" in den Umstand bestehen, dass Seelsorger "unabhängig vom Einfluss dritter Staaten" agierten.
Ditib wird wegen seiner engen Anbindung an die türkische Regierung kritisch gesehen. Die Imame des Verbands werden von der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt. In Niedersachsen hatte jüngst der Rücktritt des gesamten Ditib-Landesvorstands für weitere Unruhe gesorgt. Dieser hatte seinen Schritt mit einer versuchten Einflussnahme türkischer Botschaftsmitarbeiter auf seine Arbeit sowie mangelndes Vertrauen in den Kurs des Ditib-Bundesvorstands begründet.
Die Landesregierung in Hannover kündigte daraufhin an, eine weitere Zusammenarbeit mit Ditib etwa im Rahmen von Beiräten und ähnlichen Gremien kritisch zu überprüfen. In der vorigen Wochen entschied sie, diese in nahezu allen Ressorts zunächst fortzusetzen, die Lage aber weiter zu beobachten. Ditib-Vertreter könnten nicht in die operative Steuerung eingreifen und seien als Ansprechpartner wichtig, hieß es.
Die Entscheidung über den Umgang mit den Ditib-Imamen im Strafvollzug stand noch aus. Dem niedersächsischen Landesverband scheine es nicht zu gelingen, "sich von fremden staatlichen Einflüssen zu lösen und zu einer unabhängigen, in Deutschland verorteten Religionsgemeinschaft zu entwickeln", erklärte Landesjustizministerin Havliza zur Begründung.
Die Entscheidung betrifft demnach allerdings nur von Diyanet entsandte oder bezahlte Imame. Ehrenamtliche Seelsorger von Ditib-Moscheen, auf die dies nicht zutrifft, können weiterhin als muslimische Seelsorger im Strafvollzug tätig sein. Auch Seelsorger des Religionsverbands Schura sind von der Kündigung der Vertrags mit Ditib nicht berührt. Es handele sich nicht um eine Entscheidung gegen die "weiteren engagierten Musliminnen und Muslime in der muslimischen Gefangenenseelsorge"