Finanzen

Erdogan bekämpft gezielt “Lebensmittel-Terroristen”

Die türkischen Behörden bieten Obst und Gemüse zu Discounter-Preisen an. Damit will Erdoğan “Lebensmittel-Terroristen” bekämpfen. Gemeint sind damit Großhändler von Obst und Gemüse.
12.02.2019 15:21
Lesezeit: 1 min

Im Kampf gegen die stark steigenden Lebensmittelpreise haben die türkischen Behörden ihre eigenen Gemüseläden geöffnet. In gemeindeeigenen Zelten wurden am Montag in den beiden größten Städten des Landes Tomaten, Zwiebeln und Paprika zum halben Preis verkauft. Vor dem Eingang bildeten sich lange Schlangen. Viele Kunden stellten sich stundenlang an, um günstiges Obst und Gemüse zu erwerben.

Vor der Kommunalwahl Ende März macht die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Einzelhändler für die massive Teuerung verantwortlich, die im Januar bei 31 Prozent bei Lebensmitteln lag. "Das war ein Spiel. Sie haben damit begonnen, die Preise zu manipulieren, sie wollten die Preise nach oben schnellen lassen", sagte Erdoğan am Montag auf einer Wahlkampfveranstaltung. In der Türkei bestand das Risiko einer Versorgungskrise bei Obst und Gemüse.

Die Zeitung Cumhuriyet argumentiert, dass Erdoğans Vorstoß ausschließlich ein vorübergehendes Wahlgeschenk im Zusammenhang mit den anstehenden Kommunalwahlen sei. Das Blatt titelt: “Erdoğan hat einen neuen Feind gefunden: Die Lebensmittel-Terroristen”.

Tatsächlich hat der türkische Präsident zuvor eine Parallele zwischen der Terrororganisation PKK und Händlern, die Gemüse zu Wucherpreisen anbieten, gezogen. “Wir werden diejenigen, die mit den Preisen für Obst und Gemüse Terror verbreiten, genauso eindämmen, wie wir dies in Gabar, Cudi und Tendürek (Positionen der PKK im Südosten der Türkei, Anm. d. Red.) getan haben. Dies werden wir umsetzen, indem wir Obst und Gemüse zu niedrigen Preisen in gemeindeeigenen Zelten anbieten.”

Die kommunalen Gemüseläden wurden bislang lediglich in Istanbul und Ankara eingerichtet. In Istanbul befinden sich 50 und in Ankara 15 Anlaufpunkte für die Bürger, um günstiges Obst und Gemüse zu kaufen, berichtet TRT Haber.

Landwirtschaftsminister Bekir Pakdemirli sagte bei einem Besuch einer kommunalen Verkaufsstelle, das Projekt werde so lange fortgesetzt wie nötig. Kunden äußerten sich skeptischer: "Ich bin gespannt, ob es das auch nach der Wahl noch gibt", sagte die 43-jährige Hausfrau Nebahat Deniz.

Lebensmittelhändler sehen sich nun massiv unter Druck. Sie befürchten, dass sie mit den kommunalen Angeboten nicht mithalten können. Ein Händler sagte, die Verkaufspreise hingen auch davon ab, was er für Plastiktüten, Angestellte, Standgebühren, Steuern und Treibstoff ausgeben müsse. "Die Regierung hat diese Kosten nicht", sagte er. "Alle ihre Ausgaben werden von dem Geld bestritten, das aus unseren Taschen kommt."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelskrieg mit Ansage: Warum Europas Vergeltung Washington teuer zu stehen kommen könnte
13.05.2025

Die EU zieht die Reißleine: Mit einem neuen Maßnahmenpaket über 95 Milliarden Euro kontert Brüssel die US-Strafzölle – und trifft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Munich Re: Milliardenschaden durch Waldbrände in Kalifornien
13.05.2025

Flammen wüten immer wieder durch Kalifornien – und hinterlassen nicht nur verkohlte Wälder, sondern auch tiefe Spuren in den Bilanzen...

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...