Deutschland

Experte: Verbannung von Huawei würde digitale Entwicklung Deutschlands verzögern

Technologie von Huawei wird bereits in großem Stil in Deutschland genutzt.
17.02.2019 18:03
Lesezeit: 2 min

Die Bundesregierung will das neue 5G-Mobilfunknetz vor Angriffen von außen schützen. Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei der chinesische Ausrüster Huawei. Die chinesische Regierung könnte Huawei zwingen, Hintertüren in seine Produkte einzubauen, so die Befürchtung. Peking könnte so fremde Netzwerke aushorchen oder sogar komplett abschalten, warnen Geheimdienstler.

Huawei bestreitet das vehement, und tatsächlich gibt es bislang keinen Beweis, dass der chinesische Staat seine Technikfirmen zur Spionage zwingt. Zudem ist die gesamte Debatte fadenscheinig, weil die massive Überwachungs- und Spionagetätigkeit der Geheimdienste Großbritanniens und der USA (beispielsweise der NSA) in Deutschland mit keinem Wort erwähnt werden.

Die Sorgen vor China kommen recht spät, denn Huawei-Produkte sind bereits tief in Deutschlands Netzen verankert. Huawei hat sich in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Ausrüster der Mobilfunkanbieter weltweit entwickelt. Nach Angaben der Marktanalysten von IHS Markit kam der Konzern im Jahr 2017 auf einen Marktanteil von 28 Prozent. Der chinesische Wettbewerber ZTE kam auf 13 Prozent, sodass China mehr als 40 Prozent des weltweiten Markts für Mobilfunkausrüstung kontrollierte.

In Deutschland setzen alle drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) bei ihren bestehenden Netzen auf chinesische Technik. Allerdings sind sie im Zuge der aktuellen Sicherheitsdebatte spürbar von den Ausrüstern abgerückt. So hat die Telekom erklärt, ihre Einkaufsstrategie in Bezug auf Huawei zu überdenken. Vodafone kündigte an, alle Huawei-Bauteile in den besonders sensiblen Bereichen seines Netzwerks zu entfernen. Und Telefónica hat seinen Wartungsvertrag mit ZTE beendet.

Mit der Ankündigung von United Internet, bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen mitzubieten, könnte ein vierter Netzbetreiber entstehen - der ebenfalls auf chinesische Technik setzt. Das Unternehmen erklärte, es verhandle "mit verschiedenen Anbietern, darunter auch eine Firma aus China". United Internet ist über seine Tochter 1&1 bereits einer der größten Betreiber von Glasfasernetzen. Dabei verwendet das Unternehmen "wie alle Netzbetreiber in Deutschland unter anderem auch Komponenten von Huawei".

Doch Huawei ist nicht nur als Netzwerkausrüster nahezu unverzichtbar geworden. Auch im Smartphone-Geschäft ist die Firma mittlerweile die weltweite Nummer zwei hinter Samsung und noch vor Apple. Dabei bedient Huawei sowohl Premiumkunden als auch Schnäppchenjäger mit seiner Tochter Honor. So haben Millionen Deutsche bereits heute eine potenzielle Wanze in der Tasche. Und bald könnte Huawei auch in nahezu jedem Kühlschrank stecken: Denn laut IHS Markit ist Huawei führend im Internet der Dinge.

Nun plötzlich auf chinesische Technik zu verzichten, wäre nach Ansicht des IT-Sicherheitsexperten Jan-Peter Kleinhans von der Stiftung Neue Verantwortung "naiv". Da Huawei etwa bei der Entwicklung der 5G-Technik und des Internets der Dinge führend sei, würde ein Verzicht auf die Firma die digitale Entwicklung Deutschlands um Jahre verzögern. Dadurch könnte das Land bei der Digitalisierung noch weiter hinter der ausländischen Konkurrenz zurückfallen.

Kleinhans spricht sich stattdessen für generell höhere Sicherheitsanforderungen an die Technik aus. Dazu gehörten eine sichere Einstellung der verschiedenen Komponenten sowie regelmäßige Sicherheitschecks und Updates. Und künftig müsse sich Deutschland in allen Belangen überlegen, wo es seine Technik kauft - nicht nur bei 5G.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börse-Ausblick: Europa trotzt Trump – doch wie lange noch?
07.07.2025

Ein halbes Jahr voller Turbulenzen: Trump, Zölle, Währungskrise – die Börsen zeigen extreme Bewegungen. Welche Märkte profitieren,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...