Der insolvente Hamburger Windrad-Hersteller Senvion hat finanziell wieder etwas Luft zum Atmen. Banken und Hedgefonds hätten dem Unternehmen einen Massekredit über 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, teilte Senvion am Mittwochabend mit. Mit dem Geld will der neue Vorstandschef Yves Rannou das Geschäft am Laufen halten und den Auftragsrückstand abarbeiten. Das Darlehen hat eine Laufzeit von zwölf Monaten und wird vorrangig aus der Insolvenzmasse getilgt. "Der Kredit ermöglicht substanzielle Ziehungen bereits in dieser Woche, die das Unternehmen zur Stabilisierung des Geschäftsbetriebs (...) verwenden kann", hieß es in der Mitteilung.
"Das sind ermutigende Neuigkeiten für uns alle und natürlich auch für unseren Transformationsprozess", sagte Rannou. Senvion hatte in der vergangenen Woche Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet, nachdem sich Banken und Anleihegläubiger nicht über die weitere Finanzierung einigen konnten. Zwei Hedgefonds, die den Großteil einer 400-Millionen-Euro-Anleihe billig aufgekauft hatten, hatten angeboten, frisches Geld bereitzustellen. Doch die Banken, allen voran die Deutsche Bank und die BayernLB - blockierten die Kapitalspritze, weil sie um die Rückzahlung ihrer Kredite bangten. Senvion ist insgesamt mit 1,3 Milliarden Euro verschuldet.
Eine Dauerlösung ist der Massekredit aber nicht. Rannou ist deshalb auf der Suche nach einem finanzkräftigen Investor oder einen neuen Eigentümer für das Unternehmen. "Auf lange Sicht müssen wir einen sicheren Hafen für Senvion finden - sei es mit einem Investor oder durch einen Käufer", sagte der frühere GE-Manager dem "Handelsblatt". Mehrheitsaktionär Centerbridge wäre bereit, die Macht mit den Hedgefonds Davidson Kempner und Anchorage zu teilen, die die Anleihe in Eigenkapital tauschen würden. Die Windkraft-Branche ist im Umbruch. Kleinere Anbieter stehen immer stärker unter Druck der Branchenriesen wie Siemens Gamesa und Vestas, die ihre Größe ausspielen.
Um mit ihnen mithalten zu können, will Rannou Senvion unter anderem auf bestimmte Märkte konzentrieren, das Produktportfolio ausmisten und die Effizienz im lukrativen Servicegeschäft steigern. Im ersten Quartal habe Senvion weltweit - vor allem in Australien und Südamerika - Windräder mit 366 Megawatt Leistung installiert, doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Das Auftragsbuch im Servicegeschäft liege derzeit bei 2,8 Milliarden Euro.