Deutschland

E-Roller: Einführung stößt auf Widerstand des Bundesrats

Die flächendeckende Einführung von E-Rollern stößt auf den Widerstand des Bundesrats. Doch Verkehrsminister Andreas Scheuer setzt sich für eine Zulassung ein.
02.05.2019 17:15
Lesezeit: 2 min

Eigentlich sollen sie schon im Sommer starten können: kleine Elektro-Tretroller als Kurzstrecken-Alternative zum Auto, die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auch in Deutschland zulassen will. Doch damit könnte es noch einmal kompliziert werden. Denn unter den Ländern, die den Regeln zustimmen müssen, werden Sicherheitsbedenken lauter. Der Verkehrsausschuss des Bundesrats empfahl am Dienstag mehrheitlich, dass alle E-Roller auf Radwege gehören - und langsamere Modelle nicht wie geplant auf die Gehwege sollen. Entschieden wird aber erst, wenn das Plenum der Länderkammer voraussichtlich am 17. Mai über Scheuers Verordnung abstimmt, berichtet das Handelsblatt.

Mehrere Länder, Fußgänger-Vertreter und Verkehrssicherheitsexperten warnen vor neuen Gefahren etwa für Kinder, ältere und sehbehinderte Menschen, wenn zusätzliche Gefährte auf die Bürgersteige kommen. Die vom Bund auf den Weg gebrachten Pläne sehen vor, dass nur E-Roller, die schneller als 12 Kilometer pro Stunde (km/h) sind, in der Regel auf Radwegen fahren sollen - und langsamere bis 12 km/h auf Gehwegen. Dort sollen sie allerdings nur mit Schritttempo unterwegs sein dürfen.

Im Verkehrsausschuss des Bundesrats wurden dennoch Bedenken dagegen deutlich, wie die dpa aus Länderkreisen erfuhr. Daher gab es eine Mehrheit für den Vorschlag, sämtliche E-Roller wie Räder zu behandeln, die deswegen auch Radwege nutzen sollen. Nur in Ausnahmefällen sollen "andere Verkehrsflächen" freigegeben werden können. Denn sonst drohten "nicht hinnehmbare Gefahrensituationen".

So sei nicht davon auszugehen, dass E-Roller auch in Fußgängerzonen tatsächlich nur in Schrittgeschwindigkeit bewegt würden. Die bis zu 70 Zentimeter breiten, kaum hörbaren Fahrzeuge drohten auf den oft sehr schmalen Gehwegen zu "zahlreichen Konflikten" zu führen. Eine Aufteilung in zwei Kategorien sei außerdem nur schwer zu überwachen.

Inwiefern das Plenum des Bundesrats den Ausschuss-Empfehlungen folgt, muss sich aber erst noch zeigen. Stimmt die Länderkammer den Plänen des Bundes nur mit Änderungen zu, muss die Bundesregierung sie eins zu eins in der Verordnung umsetzen - oder die ganze Verordnung zurückziehen. Möglich wäre auch noch, das Thema auf etwas später zu vertagen. Neben dem federführenden Verkehrsausschuss wollten auch noch vier andere Ausschüsse der Länderkammer darüber beraten.

Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Sören Bartol, nannte es "ein gutes Signal", dass der Verkehrsausschuss des Bundesrats die Zulassung der neuen Fahrzeuge unterstütze. "Dabei muss die Verkehrssicherheit aller gewahrt werden." Er halte es daher für einen bedenkenswerten Einwand der Länder, dass die E-Gefährte nur in Ausnahmefällen etwas auf den Fußgängerwegen zu suchen haben - und ansonsten eher auf Radwegen oder der Straße gefahren werden sollten.

Vom Fahrradfahrerclub ADFC kam aber prompt Protest. "Ganz schlechte Idee", sagte Sprecherin Stephanie Krone der dpa. Die langsameren Tretroller würden "den Radverkehr und damit die aktive Mobilität ausbremsen", wenn sie auf Radwegen unterwegs seien. Die schnelleren Scooter vertrügen sich aber der Geschwindigkeit nach mit Fahrrädern - wenn es gute und breite Radwege gebe, auf denen man gefahrlos überholen könne. "Die langsameren E-Scooter halten wir für komplett überflüssig, sie sollten ganz aus dem Entwurf gestrichen werden", sagte Krone, auch die Verleiher seien nur an schnellen interessiert.

Scheuer hatte vor den Bundesrats-Beratungen für seine Pläne geworben. Die geplante Verordnung solle "einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Einführung neuer Mobilitätslösungen und der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer" schaffen, hieß es in einem Brief des Ressorts an die Länder-Verkehrsminister. Zur Lebenswirklichkeit auf Gehwegen gehöre schon eine "Vielzahl anderer Nutzungsformen" - durch radfahrende Kinder, Jogger und andere. Daher gelte für alle das Gebot größtmöglicher Rücksichtnahme. Wo geboten, könne es vor Ort zudem Beschränkungen geben, etwa in engen Bereichen von Fußgängerzonen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte ebenfalls, E-Scooter wie Fahrräder zu behandeln. "Die Freigabe von Gehwegen sollte je nach lokalen Rahmenbedingungen im Ermessen der Kommunen liegen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Die Nutzung solle zudem "erst ab dem 15. Lebensjahr" erlaubt sein. Nach Scheuers Plänen sollen E-Roller mit weniger als 12 km/h bereits für Jugendliche ab 12 Jahren erlaubt sein - schnellere Gefährte dann ab dem vollendeten 14. Lebensjahr.

Eine Mofa-Prüfbescheinigung oder eine Helmpflicht plant der Bund nicht. Vorgeschrieben werden sollen aber eine Haftpflichtversicherung samt Versicherungsaufkleber mit Anti-Fälschungs-Hologramm hinten am Fahrzeug. Es soll auch möglich sein, die oft zusammenklappbaren Geräte in Bussen und Bahnen mitzunehmen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...