Politik

Schwere Kämpfe erschüttern Libyens Hauptstadt Tripolis

Bei Kämpfen zwischen den Truppen der Regierung und der Miliz des Generals Haftar sind seit dem 4. April hunderte von Menschen getötet worden.
03.05.2019 17:11
Lesezeit: 3 min
Schwere Kämpfe erschüttern Libyens Hauptstadt Tripolis
Die militärische Lage in Tripolis. (Grafik: Libya Live Map)

Nach Angaben der Libya News Agency (LANA) sind seit der Offensive des Generals Chalifa Haftar, der die Miliz Libysche Nationalarmee (LNA) anführt, auf die libysche Hauptstadt Tripolis seit dem 4. April 2019 insgesamt 376 Menschen ums Leben gekommen. 822 weitere Personen wurden verletzt. In Tripolis sitzt die von der UN anerkannte libysche Regierung. Zusammen mit Ägypten unterstützen die Vereinigten Arabischen Emirate Haftar, berichtet Al Jazeera. In einem UN-Bericht aus dem Jahr 2017 heißt es, dass die Vereinigten Arabischen Emirate die in Libyen ansässige LNA von Haftar militärisch und logistisch unterstützt haben. Die LNA, die in der östlichen Küstenstadt Tobruk stationiert ist, erkennt die Einheitsregierung von Tripolis, die von Premierminister Fayez al-Sarraj, nicht an.

Dem US-Magazin Foreign Policy zufolge unterstützt auch US-Präsident Donald Trump General Haftar. Trump hatte in der vergangenen Woche ein Telefongespräch mit Haftar geführt. Nach Angaben des Weißen Hauses bestand das Ziel des Telefonats darin, die “wichtige Rolle von Haftar bei der Bekämpfung des Terrorismus und der Sicherung der Ölvorkommen Libyens” anzuerkennen. Trump und Haftar “diskutierten über eine gemeinsame Vision für den Übergang Libyens zu einem stabilen, demokratischen politischen System”, sagten US-Regierungsbeamte Bloomberg. Während des Gesprächs unterstützte Trump Haftars militärischen Angriff auf die libysche Hauptstadt Tripolis, so die Regierungsbeamten.

Doch nach einem Bericht des Guardian hoffen EU-Vertreter, dass Trump seine Unterstützung für Haftar revidiert. Dabei erhält die EU Unterstützung von US-Senator Lindsey Graham. Graham sagte dem Magazin Politico, dass die US-Regierung keine Gruppe in Libyen bevorzugen sollte. “Meiner Ansicht nach ist es unmöglich, dass Haftar oder jemand anderes durch Militärgewalt legitimiert wird. Meines Erachtens ist es unmöglich, das Land zu regieren, indem Tripolis gewaltsam eingenommen wird. Wenn der Krieg eskaliert, wird es eine Flut von Flüchtlingen geben, was für Tunesien und die gesamte Region ein Alptraum sein wird”, so Graham.

Die EU hatte Anfang April 2019 die Konfliktparteien in Libyen zu einem sofortigen Stopp der Kampfhandlungen aufgefordert. Man appelliere an alle Akteure, eine humanitäre Waffenruhe einzuhalten und an den Verhandlungstisch zurückzukehren, sagte die EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini nach einem Außenministertreffen in Luxemburg. “Die Europäische Union wird vereint auf die Parteien und die regionalen Akteure zugehen, um in diese Richtung Druck auszuüben”, so Mogherini. Es sei im Interesse aller Europäer, dass die derzeitige militärische Eskalation nicht in einen echten Bürgerkrieg münde.

Seitdem wurde berichtet, dass französische Beamte die Europäische Kommission dazu gedrängt haben, Mogherini daran zu hindern, Haftar in ihrer Erklärung namentlich zu erwähnen.

Seit Anfang April 2019 kontrolliert Haftar wichtige Ölfelder im Süden Libyens. Sowohl das Erdöl als auch die Südgrenze selbst sind für Frankreich von geopolitischer Bedeutung, zumal der französische Energiekonzern Total in Libyen aktiv ist. Die ehemaligen Kolonien Tschad und Niger liegen in der direkten Nachbarschaft Libyens. Französische Beamte gehen offenbar davon aus, dass Haftar eine bessere Chance hat, Libyen zu stabilisieren als die international anerkannte Regierung, berichte der englischsprachige Dienst der Deutschen Welle. Italien unterstützt hingegen vehement die Einheitsregierung und kritisiert Frankreich für seine Unterstützung von Haftar und der LNA.

Währenddessen hat Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag gesagt, dass sie sich für eine einheitliche Haltung der EU zur Libyen-Krise einsetzen werde. Sie werde ihren Beitrag dazu leisten, dass etwa Frankreich und Italien zu einer einheitlichen Haltung fänden und Europa nicht mehr mit zwei verschiedenen Positionen bei der Lösung der Libyen-Krise auftrete.

Russlands Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdoğan haben hingegen nach Kreml-Angaben bei einem Telefonat eine schnellstmögliche Waffenruhe für Libyen gefordert. Es sei eine rasche Wiederaufnahme der Konfliktlösung unter dem Dach der Vereinten Nationen nötig, hieß es in einer am Dienstagabend veröffentlichten Kreml-Mitteilung.

Die International Crisis Group berichtet, dass Haftar bereits am 17. Dezember 2017 das “libysche politische Abkommen” (LPA) mit der Einheitsregierung und weiterer Gruppen für null und nichtig erklärt hat, da seine Gültigkeitsfrist abgelaufen sei. Deshalb würde die Regierung und all ihre Organe keine Legitimationsgrundlage mehr haben. Seine Armee würde sich zudem unter keinen Umständen irgendwelchen Organen im Land unterordnen.

Die Libya Times zitiert Haftar: “Internationale Laxheit, innenpolitische Sturheit und das persönliche Interesse vor denen des Heimatlandes und des Volkes haben allesamt zum Auslaufen des Abkommens geführt”. Seine LNA und er seien mit “strikten internationalen Aktionen” bedroht worden, falls sie einen Schritt außerhalb des Konsenses der internationalen Gemeinschaft und der UN-Unterstützungsmission in Libyen unternehmen sollten. “Trotz der Drohungen, denen wir ausgesetzt sind, erklären wir sehr deutlich, dass unser vollständiger Gehorsam unter dem Befehl des freien libyschen Volkes und niemand anderem steht”, so Haftar. Alle nationalen und internationalen Bestrebungen für einen Dialog seien nur Schein gewesen.

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