Politik

Merkel blitzt mit Wunsch nach Verteilung von Migranten in Europa ab

Lesezeit: 2 min
09.07.2019 14:23
Die EU ist nicht in der Lage, eine gemeinsam getragene Strategie zu Einwanderung und Grenzschutz vorzulegen. Kaum ein Land unterstützt die Bundesregierung bei dem Wunsch, einen automatischen Verteilungsmechanismus einzuführen.
Merkel blitzt mit Wunsch nach Verteilung von Migranten in Europa ab
Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Angesichts des Streits um die Aufnahme von aus Seenot geretteten Wirtschaftsmigranten und Flüchtlingen fordern die Bundesregierung und die EU-Kommission Solidarität von den anderen Mitgliedstaaten. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos verlangte in der Zeitung "Die Welt" eine Einigung auf einen "vorläufigen" Verteilungsmechanismus, berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP. Die Bundesregierung will die Flüchtlingsverteilung beim Treffen der EU-Innenminister kommende Woche ansprechen. Die Einigungschancen scheinen aber sehr gering.

In den vergangenen Wochen waren mehrfach Schiffe von Hilfsorganisationen mit Migranten daran gehindert worden, in Italien und Malta anzulegen.

Bis eine Einigung über die seit Jahren blockierte EU-Asylreform gefunden sei, müssten die EU-Mitgliedstaaten "vorläufige Vereinbarungen" finden, wie mit geretteten Migranten umzugehen sei, sagte Avramopoulos der "Welt". Dabei müssten Situationen wie bei den deutschen Schiffen "Sea-Watch 3" oder "Alan Kurdi", bei denen die Kommission Einzelfall-Lösungen zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert hatte, verhindert werden. Deutschland hatte von beiden Schiffen jeweils Migranten aufgenommen.

Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) kündigte an, die Bundesregierung werde die Seenotrettung beim Treffen der EU-Innenminister am 18. und 19. Juli in Helsinki ansprechen. Das Thema müsse auf europäischer Ebene debattiert werden, damit sich die anderen Länder nicht "aus dem Staub machen" könnten, sagte Mayer im SWR. Deutschland handle bereits. Jetzt seien auch andere EU-Regierungen gefordert ebenso wie die EU-Kommission.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kritisierte, dass sich die EU seit dem Ende ihrer Mittelmeer-Mission "Sophia" von "einer Notlösung zur nächsten" hangele. "Wir können nicht auf alle warten. Die aufnahmebereiten Staaten müssen jetzt vorangehen", sagte Müller der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe). Er bekräftigte zugleich seine Forderung nach internationaler Hilfe für die Flüchtlinge in Libyen.

Über eine "Koalition der Aufnahmewilligen" wird in der EU schon seit 2016 diskutiert, nachdem eine Einigung aller Mitgliedstaaten auf die Migrantenverteilung insbesondere am Widerstand osteuropäischer Staaten gescheitert war. Deutschland hoffte anfangs noch auf rund 20 Staaten, die sich regelmäßig an der Flüchtlingsaufnahme beteiligen. Zuletzt waren es nur noch zwischen vier und sechs. "Das ist schon bitter", sagte ein EU-Diplomat. "Denn die Zahl der Menschen, die gerettet werden, ist eigentlich nicht sehr hoch."

Tatsächlich kamen wegen der Weigerung der italienischen Regierung, ihre Häfen für Schiffe mit Flüchtlingen zu öffnen, im ersten Halbjahr nur noch gut 3000 Flüchtlinge in Italien an. Im gesamten Jahr 2018 waren es noch über 23.000 gewesen. In Malta waren es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres rund tausend Migranten.

Das Schiff "Alan Kurdi" hatte am Montag erneut 44 Menschen an Bord genommen. Die Flüchtlinge seien "in Kooperation mit maltesischen Behörden" von einem Holzboot gerettet worden, teilte die deutsche Organisation Sea-Eye am Montagabend mit. Ein Schiff der maltesischen Marine sei auf dem Weg, um die Menschen von der "Alan Kurdi" zu übernehmen und an Land zu bringen.

 


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...