Im Zuge der Diskussion um die Arbeitsbedingungen bei Amazon könnte vielen Konsumenten bewusst geworden sein: Billige Produkte müssen billig hergestellt werden. Weil die Konzerne, die solche Produkte vertreiben, dennoch hohe Profite einfahren, müssen es andere sein, die die Rechnung bezahlen. In der Regel sind dies die Mitarbeiter bei den Unternehmen (und eher selten die Manager).
Besonders beliebt ist das billige Fliegen. Seit einigen Jahren wird die Luftfahrtindustrie von Anbietern aufgemischt, deren Flüge von einer europäischen Stadt in die andere billiger sind als die Taxifahrten vom Stadtzentrum zum Flughafen.
Ähnlich wie bei Amazon macht sich kaum ein Passagier Gedanken, warum der Flug so billig ist.
Der Billigflieger Ryanair ist nun in Norwegen wegen außergewöhnlich schlechter Arbeitsbedingungen in die Kritik geraten. Hintergrund sind die geplanten Klagen zweier ehemaliger Flugbegleiterinnen. Die Frauen, eine Italienerin und eine Slowakin, kritisieren die Arbeitsbedingungen bei der irischen Airline.
So müssten die Angestellten ihre Ausbildung, Uniformen, Ausweise und jegliche Verpflegung während des Flugs selbst bezahlen, zitiert die norwegische Zeitung Dagens Naeringsliv aus dem Arbeitsvertrag.
Zudem gebe es keinen Krankenurlaub, die Abwesenheit vom Arbeitsplatz führe in jedem Fall zu einem Lohnabzug. Den Angestellten stünden zwar vier Wochen Ferien zu. Diese müssten jedoch lange im Voraus geplant werden und könnten von Ryanair jederzeit gestrichen werden.
Lohnzuschläge bei Wochenendarbeit gebe es nicht, so der Arbeitsvertrag. Auch Bereitschafts-Dienste, zu denen alle Angestellten verpflichtet sind, würden nicht entschädigt. Während Ryanair den Vertrag jederzeit mit maximal 14 Tagen Frist kündigen könne, müsse ein Angestellter 200 Euro zahlen, wenn er das Arbeitsverhältnis nach weniger als 15 Monaten auflösen wolle.
Die italienische Flugbegleiterin hat nach eigenen Angaben erst nach ihrer Ausbildung von diesen Arbeits-Bedingungen erfahren. Der Arbeitsvertrag entspricht auch nicht den in Norwegen geltenden Regeln. Doch da das Personal in Norwegen wohnt, müsste eigentlich norwegisches Arbeitsrecht gelten.
Doch Ryanair sagt, dass die Angestellten nach irischen Verträgen und in irischen Flugzeugen arbeiteten. Denn die Flugzeuge seien irisches Territorium.
Konzernchef Michael O'Leary kritisierte die Klagen „zweier erfolgloser entlassener Frauen“. Es sei niemand gezwungen, für Ryanair zu arbeiten, zitiert die NZZ den Iren. Die Kampagne gegen sein Unternehmen sei lediglich der Versuch, von den Problemen der skandinavischen Airline SAS abzulenken, sagte O‘Leary.