Politik
Merkel und Macron uneins

US-Regierung setzt im Handelskrieg auf Differenzen zwischen Paris und Berlin

Die EU muss geschlossen auftreten, um den Druck der US-Regierung im anstehenden Handelskrieg aushalten zu können. Doch sind sich Deutschland und Frankreich nicht einig. Diesen Zwist nutzt Trump für sich aus.
25.08.2019 17:59
Lesezeit: 2 min

US-Präsident Donald Trump gehört zu den Politikern, die polarisieren wie kein zweiter. Er wird von vielen Seiten kritisiert: Von Regierungschefs, Vertretern von Wirtschaftsverbänden und Managern internationaler Konzerne. Doch eines muss man ihm lassen. Das US-amerikanische Staatsoberhaupt hat ein feines Gespür dafür, welche Schwachpunkte seine Gegner haben, um die Interessen der USA durchzufechten.

Wie Bloomberg berichtet, versucht Trump, die zwei größten Protagonisten in Europa, nämlich Deutschland und Frankreich, gegeneinander auszuspielen. Sein Ziel: Der US-Präsident will die Gemeinschaft grundsätzlich schwächen, weil er in ihr eine der bedeutendsten politischen und wirtschaftlichen Gegner der USA sieht.

„Die Europäische Union ist sogar noch schlimmer als China – nur kleiner“, wird Trump von Bloomberg zitiert. „Die Bedrohung, die von ihr ausgeht, ist ein wahrer Horror – und zwar ihre Handelsschränken, Zölle und Steuern“, sagte Trump. „Und wir lassen ihre Produkte und Dienstleistungen sogar auch noch auf unserem Markt zu“, erklärte er.

Die Taktik von Trump ist dabei denkbar einfach: Er versucht, einen Keil zwischen Deutschland und Frankreich zu treiben – die beiden wichtigsten politischen Mächte der EU. Der US-Präsident weiß, dass der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel in einigen Bereichen komplett entgegengerichtete Interessen haben – und zwar insbesondere dann, wenn es um den Handel geht.

So ist Frankreich ein Land, das sehr starke protektionistische Tendenzen hat. Die Regierung in Paris will ihre einheimische Agrarindustrie schützen. Deutschland hingegen setzt auf den freien Export seiner Industriegüter. „Das ist eine asymmetrische Situation“, analysierte der ehemalige italienische Premierminister Enrico Letta, der Macron und Merkel sehr gut kennt.

Französischer Präsident spielt doppeltes Spiel

Das sehen auch deutsche Diplomaten so, die Bloomberg befragt hat. Aus ihrer Sicht spielt Marcon ein doppeltes Spiel, wenn es um die Klärung von Handelsfragen geht. Das sei im April des laufenden Jahres zu sehen gewesen, als die EU-Kommission die Prämissen für die Handelsgespräche mit den USA vorbereitete. Der französische Präsident hat schließlich die Deutschen davon überzeugt, dass es besser sei, das Thema „Landwirtschaft“ nicht auf die Agenda zu nehmen.

Anderseits habe er sich die ganze Zeit davor vorbehalten, die Konferenz der Europäer mit Washington gar nicht erst zuzulassen und mit seinem Veto zu blockieren. So sehr hat Macron versucht, die Interessen seiner Wähler, also in diesem Fall der französischen Bauern, zu vertreten. Das hat wiederum Merkel missfallen, die glaubt, dass sie sich nicht auf ihren französischen Kollegen verlassen kann, wie eine Person aus ihrem unmittelbaren Umfeld erklärt.

Trump zu Macron: "Merkel ist ein Looser"

Wie gespannt dieses Verhältnis ist, hat auch Trump erkannt, der mit zunehmenden Provokationen gegenüber Macron auftritt, um ihn gegen die Bundeskanzlerin aufzubringen. So hatte der US-Präsident das französische Staatsoberhaupt im April 2018 bei dessen Besuch im Weißen Haus auf die deutschen Handelspraktiken angesprochen. Dabei äußerte er sich wenig diplomatisch – wie es oft seine Art ist. „Merkel ist ein Looser“, soll Trump damals gesagt haben.

Das dürfte auch noch nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein. Denn der US-Wahlkampf, der in den kommenden Monaten beginnt, wird Trump wahrscheinlich dazu animieren, noch mehr seine Gegner zu attackieren als bisher. Macron und Merkel müssen sich zusammenraufen und ihre Gegensätze überwinden, um gemeinsam dem Druck der US-Regierung standzuhalten. Ansonsten könnte es für die EU sehr schwierig werden, ihre Interessen weltweit zu verteidigen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik G20 in Afrika: Geschlossenheit trotz US-Abwesenheit – Signal für Frieden und Entwicklung
24.11.2025

Beim ersten G20-Gipfel auf afrikanischem Boden bleibt der Platz der USA demonstrativ leer – doch die übrigen Mitglieder setzen ein...

DWN
Panorama
Panorama Abnehmwirkstoff ohne Alzheimer-Erfolg: Novo-Nordisk-Studie enttäuscht Anleger
24.11.2025

Der Pharmakonzern Novo Nordisk hat mit seinem Abnehmmittel Semaglutid in einer Alzheimer-Studie einen Rückschlag erlitten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktrisiko: Weshalb Topinvestoren jetzt Alarm schlagen
24.11.2025

Die jüngsten Kursstürze an den Märkten zeigen, wie angespannt die Lage geworden ist. Während Anleger nervös auf jede Bewegung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturtrübung: Ifo-Index sinkt überraschend – Hoffnungen auf Erholung schwinden
24.11.2025

Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich unerwartet eingetrübt: Im November fiel das Ifo-Geschäftsklima auf 88,1 Punkte und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktien auf Jahreshoch: Pharma-Erfolg mit dem Gerinnungshemmer Asundexian
24.11.2025

Nach Jahren des Abstiegs erlebt die Bayer-Aktie einen überraschenden Kursschub. Ein neuer Studienerfolg weckt Hoffnung auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bürokratieabbau: Normenkontrollrat kritisiert Bund-Länder-Pläne als zu schwach
24.11.2025

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hält die aktuellen Vorschläge von Bund und Ländern zum Bürokratieabbau für unzureichend. In...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Infrastruktur in der Finanzlücke: Pkw-Maut als mögliche Lösung?
24.11.2025

Eine aktuelle Studie der Denkfabriken Agora Verkehrswende und Dezernat Zukunft zeigt, dass Deutschland bis 2030 rund 390 Milliarden Euro...

DWN
Panorama
Panorama Kita unter Druck: Experten fordern besseren Gesundheitsschutz für Erzieher
24.11.2025

Das Kita-System in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Hohe Ausfallraten und Personalmangel belasten Erzieherinnen und...