Finanzen

Misstrauen gegen Politiker: Chinesen schwören auf Bargeld

In China wird Bargeld viel öfter verwendet als in Deutschland. Bei größeren Geschäften wechseln dicke Stapel von Geldscheinen die Hände. Die Chinesen misstrauen den Banken und ihrer Regierung.
02.05.2013 01:05
Lesezeit: 1 min

In China ist es üblich, auch größere Beträge bar zu bezahlen. Was altmodisch anmutet, hat in Zeiten der Konto-Überwachung und der Haircuts von Sparguthaben knallharte Vorteile: Die Transaktionen sind anonym und sicher vor dem Zugriff der jeweiligen Regierung.

Wenn ein Chinese ein Auto oder teuren Schmuck kauft, dann bezahlt er in vielen Fällen in bar. Auch Gehälter werden oft auf diese Weise gezahlt, berichtet die New York Times. Selbst Universitätsgebühren oder Ratenzahlungen fürs Haus können in China in bar beglichen werden.

Dicke Stapel oder gar Koffer voller Geldscheinen wechseln so die Hände. Denn der größte Schein ist der 100 Yuan-Schein. Das sind 12,45 Euro, also viel weniger als der größte Euroschein mit einem Wert von 500 Euro. Aber die chinesische Regierung weigert sich trotz des offensichtlichen Bedarfs, größere Scheine zu drucken. Stattdessen werden Unmengen der kleineren Stückelungen gedruckt, so viel wie nirgends sonst auf der Welt: Weltweit werden 40 Prozent aller Geldscheine in China gedruckt.

Der Gebrauch des Bargelds ist keine altmodische Verweigerung gegenüber Veränderungen. Vielmehr misstrauen die chinesischen Bürger ihrer Regierung, wenn es ums Geld geht. „Der normale Chinese vertraut weder den Banken noch der kommunistischen Partei“, sagt Friedrich Schneider von der Universität Linz.

Auch in Deutschland hat das Misstrauen gegenüber den Banken und der Regierung stark zugenommen. Seit in Zypern für das Bailout auf Bankkonten zugegriffen wurde horten mehr und mehr Deutsche ihr Geld zuhause. Die Menge des Bargelds hat sich in der EU in den letzten Jahren deutlich erhöht (mehr hier).

Doch das Horten von Bargeld bringt auch Probleme mit sich. Neben der weltweit beachtlichen Inflation können einem auch Mäuse das Vermögen wegfressen. Diese Erfahrung machte kürzlich in Shanghai Zhao Zhiyong. Der Wanderarbeiter hatte Bargeld im Wert von knapp 1.000 Euro im Kleiderschrank seiner Frau versteckt. Doch Mäuse zerkauten ihm die Scheine in kleine Stücke.

Keine Wertanlage ist vollkommen sicher. Doch eine drohende Enteignung und die zunehmende Kontrolle des Staates über den Finanzverkehr wiegt für viele Europäer und Chinesen schwerer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Immer mehr XRP- und ETH-Inhaber wenden sich still und leise an OPTO-Miner, um 3.000 Dollar pro Tag zu verdienen

Im derzeit unberechenbaren Kryptomarkt entscheiden sich immer mehr Anleger dafür, langsamer zu werden und sich nicht mehr von...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektronikboom im Netz: Droht Europa die Billigflut aus China?
09.07.2025

Europas Verbraucher kaufen Elektronik immer öfter online – doch ausgerechnet ein drohender Zollkrieg der USA könnte Europa mit einem...

DWN
Politik
Politik Kommt die Senkung der Stromsteuer für alle? Bundesregierung droht Dämpfer im Bundesrat
09.07.2025

An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – auch für alle Bürger und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Huthi-Angriff im Roten Meer zerschlägt Hoffnung auf Wiedereröffnung des Suezkanals
09.07.2025

Ein neuer Angriff der Houthis auf ein griechisches Frachtschiff lässt alle Hoffnungen auf eine Wiedereröffnung des Suezkanals zerplatzen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft und KI: Jeder zweite Arbeitnehmer zweifelt an Deutschlands wirtschaftlicher Zukunft
09.07.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Viele Beschäftigte sind skeptisch, ob Deutschland im Zeitalter der künstlichen Intelligenz wirtschaftlich...

DWN
Politik
Politik Corona: Breite Mehrheit für Enquete-Kommission zur Corona-Aufarbeitung
09.07.2025

Lockdown, Impfpflicht, Schulschließungen und Abstandsregeln – in der Corona-Pandemie wurde eine Vielzahl von unverhältnismäßigen...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche Goldreserven: Hoher Goldpreis, explodierende Staatsschulden – sollte die Bundesbank Gold zu Geld machen?
09.07.2025

Rekordschulden, Rekordausgaben: Der Bundeshaushalt steuert unter der schwarz-roten Regierung bis 2029 auf ein 850 Milliarden Euro schweres...

DWN
Unternehmen
Unternehmen IT-Sicherheit in der Urlaubszeit: Wenn der Chef im Urlaub ist, beginnt für die IT der Ernstfall
09.07.2025

Der Sommer beginnt, das Management reist ab – für Hacker ist das die ideale Gelegenheit. Lesen Sie, wie Unternehmen für IT-Sicherheit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OPEC+ erhöht Förderung deutlich – Ölpreise unter Druck
09.07.2025

Die OPEC+ überrascht mit einer weit stärkeren Förderausweitung als erwartet – mit möglichen Folgen für die Weltwirtschaft,...