Der Weg für den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union (EU) ist endgültig frei. Nach dem deutschen Bundestag stimmte nun auch der Bundesrat der Aufnahme des Balkan-Staates zu. Beitrittstermin ist der 1. Juli. Zuvor war das Aufnahmeverfahren zehn Jahre gelaufen. Trotz dieser langen Zeitspanne sind viele Fragen um die Beitrittsfähigkeit des Landes nach wie vor umstritten.
Bei der Abstimmung im Bundesrat gab es viele zustimmende Worte, berichtet Reuters. Nur eineinhalb Jahrzehnte nach Krieg und Vertreibung werde Kroatien als zweites Land des ehemaligen Jugoslawien Teil der EU, sagte Außenminister Guido Westerwelle. Kroatien sei ein politisch und kulturell zutiefst europäisches Land. „Dies ist ein historischer Tag“, so Westerwelle.
Gegen die Aufnahme Kroatiens gab es aber speziell in Deutschland auch große Vorbehalte. Vor allem wegen dem hohen Grad an Korruption standen viele dem Vorhaben skeptisch gegenüber. Einer unlängst veröffentlichten Studie zufolge sagen 90 Prozent der Kroaten, Korruption und Bestechung sei bei den Unternehmen im Land weit verbreitet (mehr hier).
Die Gründe dafür gehen vor allem auf die Zeit des von 1991 bis 1995 dauernden Unabhängigkeitskrieges und die Wirren der Nachkriegsjahre zurück. Unter dem autoritären Regime von Franjo Tudjman gab es viele Kriegsgewinner, die sich die Neuordnung von Politik und Wirtschaft zu Nutze machen konnten. Nachdem ab 2000 ein langsamer Prozess demokratischen Wandels einsetzte, kamen einige Korruptionsfälle an die Öffentlichkeit. Unter anderem wurde Ex-Premier Ivo Sanader zu zehn Jahren Haft verurteilt. Doch ein Großteil der Bestechungsfälle bleibt weiterhin im Dunkeln.
Zuletzt wurden auch Bedenken laut, Kroatien könnte seine Bemühungen um die Korruptionsbekämpfung einschlafen lassen, sobald der EU-Beitritt unter Dach und Fach ist. Die EU-Kommission hatte Kroatien jedenfalls im März bescheinigt, reif für die Aufnahme zu sein. Trotzdem bestätigte auch sie, dass das Land im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Korruption noch mehr tun muss.