Politik

Mysteriös: Rede über Deutschland von Soros-Website kurzzeitig offline

In einer bemerkenswerten Rede hat der Investor George Soros erklärt, wie er die Rolle Deutschlands sieht. Nach zwei Tagen wurde die Rede plötzlich von seiner offiziellen Website entfernt. Im Netz ist sie jetzt wieder ungekürzt zu finden.
05.06.2012 13:33
Lesezeit: 1 min

Investor George Soros hat in einer Rede in Turin einen Ausblick über die Krise in Europa gegeben. Die Rede sorgte für viel Aufsehen. Mysteriöserweise wurde die Rede nun von der offiziellen George-Soros-Website entfernt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass dies aus urheberrechtlichen Gründen geschehen ist. Nach etwa einem Tag Pause ist die Rede jetzt jetzt wieder zugänglich.

Soros hatte in der Rede ein Zeitfenster von drei Monaten ausgemacht, in dem die Eurozone gerettet werden könne. In dieser Zeit müssten den Schuldenstaaten Erleichterung bei ihrer Schuldenlast gewährt werden. Eurobonds müssten eingeführt, radikale Sparprogramme zurückgefahren werden. Der ESM müsse zwingend auch zur Bankenrettung eingesetzt werden.

Soros sagte, er habe Verständnis für Deutschland: Das Land habe vor zehn Jahren wichtige Strukturreformen durchgeführt und verstehe nun nicht, warum dies in anderen Staaten nicht auch möglich sein solle.

Er fürchtet jedoch, dass die ursprüngliche Idee der Europäischen Union in einem vom deutschen Spardiktat dominierten Wirtschaftsraum nicht mehr weiter existieren könne. Er glaubt, dass Deutschland einlenken werde, weil ein Zerfall der Eurozone auch für Deutschland verheerende Folgen haben würde. Allein die Bundesbank würde eine Billion Euro über das Target 2-System verlieren. Die deutsche Wirtschaft würde eine neue, starke „Deutschmark“ nachteilig zu spüren bekommen. Spätestens im Herbst werde die schlechte wirtschaftliche Entwicklung in Europa auch in Deutschland Folgen haben.

Daher werde Deutschland das Notwendige tun, um den Euro-Crash zu verhindern. Deutschland werde aber eben nur das Notwendige tun. Und dies werde dazu führen, dass die europäischen Schuldenstaaten weiter unter harten Sparmaßnahmen werden leiden müssen. Damit werde aber die Wirtschaft in diesen Staaten nicht auf die Beine kommen. Es werde keine Wachstum geben, während Deutschland als Export-Nation weiter von einem weichen Euro profitieren werde. Damit aber, so Soros, werde sich das Bild Europas verändern: „Es wird ein deutsche Weltreiche (empire) geben, mit der Peripherie als Hinterland (im Original deutsch).“

Dies zu verhindern liege nun in den Händen Deutschlands, weil in einer Schuldenkrise „immer die Gläubiger am Steuersitz sitzen“. Wie konkret diese Rettung aussehen soll, führte Soros indes nicht aus. Seine Hauptsorge besteht darin, dass politische Entscheidungen in Europa immer lange dauern und mit Sicherheit immer nur Kompromisse sind. Insofern ist seine Forderung nach einer stärkeren politischen Union aus wirtschaftlicher Hinsicht verständlich, demokratiepolitisch jedoch nicht ganz zu Ende gedacht.

Die sehr interessante Rede von Soros im Original (Englisch) - hier

Hier dokumentieren die DMN die Rede im Original (sicherheitshalber).

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...