Politik

Massentierhaltung: Nordrhein-Westfalen achtet weniger auf seine Bürger als Bayern

Der Einsatz von großen Mengen Antibiotika in der Massentierhaltung führt zur Entwicklung von resistenten Bakterien. Das wird zusehends zum Problem für den Menschen. Besonders in Gebieten mit intensiver Massentierhaltung wird die Belastung immer größer, kritisieren der BUND und die Grünen. Dabei zeigt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle in Deutschland.
01.08.2013 02:10
Lesezeit: 2 min

Die Umweltschützer beziehen sich auf erstmals vorliegende Daten der an Tierärzte abgegebenen Mengen an Antibiotika. Sie erlaubt auch eine regionale Zuordnung der vertriebenen Mengen nach den ersten beiden Postleitzahlen. Insgesamt wurden demnach im Jahr 2011 rund 1.706 Tonnen Antibiotika für den Veterinärbereich abgegeben.

Nach den vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ausgewerteten Zahlen wird allein in Landkreisen mit der Postleitzahl 49 etwa ein Drittel der gesamten Antibiotikamenge verabreicht. Dies sind Hochburgen der Massentierhaltung wie Osnabrück, Münster oder Vechta.

Die Behandlungs-Intensität von Tieren kann mit den vorliegenden Mengenangaben der eingesetzten Antibiotika zwar nicht festgestellt werden. Jedoch geht es bei der potentiellen Gefährdung des Menschen in erster Linie um die Belastung, die in einem bestimmten Gebiet in die Umwelt gelangt. „90 Prozent der Antibiotika werden von den Tieren wieder ausgeschieden und gelangen dann in den Boden“, sagte Kathrin Birkel vom BUND den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

„In Landkreisen mit den Anfangsziffern 49 entspricht das mehr als 600 Tonnen Antibiotika-Wirkstoffen pro Jahr“, so Birkner weiter. Die Arzneien landeten mit der Gülle in Ackerböden, auf Wiesen und teils auch in Gewässern. Antibiotika-Rückstände in der Umwelt trügen dazu bei, dass Keime zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika entwickelten und diese verbreiteten. Für Menschen bestehe das Risiko, sich mit resistenten Keimen zu kontaminieren, die im Krankheitsfall eine Antibiotika-Therapie wirkungslos machen könne. „Wir züchten uns in einen Therapie-Notstand“, so Birkel.

 

Ein Großteil, nämlich 41 Prozent der Antibiotika würden in einer Massentierhaltungs-Region verkauft, die nur zwei Prozent des Bundesgebietes entspricht. Dort befänden sich bereits besonders viele Intensivtierhaltungen. Zudem seien genau in diesen Gebieten viele neue Tierhaltungen für Hühner und Schweine geplant, so die Umweltschützerin. Überhaupt sei die auf Masse ausgelegte Tierhaltung in Deutschland das eigentliche Problem. „In der Intensivtierhaltung zählt heute Leistung. Die Robustheit der Tiere wird vernachlässigt“, sagt Birkel.

„Dem maßlosen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden“, sagt auch der Europaabgeordnete und agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling. Über ein entsprechendes Gesetz liegen Bundesregierung und die Grün-regierten Länder im Bundesrat nach wie vor im Streit. Auch eine EU-weit einheitliche Regelung ist in näherer Zukunft nicht absehbar.

BUND und die Grünen fordern die Einführung konsequenter Kontrollsysteme. „Diejenigen, denen ein Antibiotika-Missbrauch nachgewiesen wird, sollten endlich die ‚Rote Karte‘ erhalten und Sanktionen tragen müssen“, fordert Häusling, und knüpft damit an das in Dänemark praktizierte System an. Wenn ein Betrieb dort die besonders hochdosierten „Notfall-Antibiotika“ zum Einsatz bringt, erhält er die gelbe Karte. Daraufhin muss er Änderungen an den Haltungsmethoden vornehmen. Bei wiederholten Vergehen droht die rote Karte, das heißt die Schließung des Betriebs. Auch die Niederlande seien laut Birkel ein Vorreiter in Sachen Antibiotika-Reduktion. Dort wurde der Einsatz innerhalb von nur drei Jahren um 50 Prozent reduziert.

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