Finanzen

Lufthansa lässt Schweizer Steuerzahler Piloten finanzieren

Über 24 Millionen Euro will die Schweiz aus Steuermitteln für die Piloten der Swiss zuschießen. Die Schweizer verstehen das ganz und gar nicht: Die Swiss hat ihren Gewinn gesteigert und ist die Tochter der deutschen Lufthansa.
19.08.2013 00:55
Lesezeit: 2 min

Der Schweizer Steuerzahler Staat unterstützt die Fluggesellschaft SWISS International Airlines. Die hundertprozentige Tochter der deutschen Fluglinie Lufthansa erhält eine Finanzspritze von 30 Millionen Schweizer Franken (etwa 24,2 Millionen Euro). Das Geld soll in die Schweizer Aviatik und fließen und für die Ausbildung der Swiss-Piloten und Fluglotsen verwendet werden.

Die Genehmigung durch den Bundesrat sei nur noch Formsache, berichtet die Basler Zeitung. Die Meldung kommt nur wenige Tage nachdem bekannt wurde, dass die SWISS ihren Gewinn im laufenden Jahr gesteigert hat. Im ersten Halbjahr verzeichnete die Fluggesellschaft einen Gewinnzuwachs von 18 Prozent, insgesamt 72 Millionen Schweizer Franken.

Grund für den Gewinnzuwachs sei das stabilere Marktumfeld und ein positiver Geschäftsgang, teilt die Fluggesellschaft in einer Pressemitteilung mit.  Der Löwenanteil des Gewinns wurde im zweiten Quartal erwirtschaftet.

„Wir stellen eine Trendwende im Markt fest, die Situation bleibt jedoch besonders aufgrund der hohen Ölpreise angespannt, der Turnaround unserer Ergebnisse ist noch nicht geschafft”, sagte SWISS-CEO Harry Hohmeister einem Bericht von Austrianwings zufolge.

Die Passagierzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, die Auslastung der Flüge hat sich verbessert. Umso unverständlicher ist nun die Unterstützung mit Steuergeldern der Schweizer Bürger.

Die Schweizer Fluggesellschaft hat kaum noch Bewerber braucht dringend mehr Piloten. „In den meisten Einstiegskursen beträgt der Ausländeranteil weit über 50 Prozent“, sagte Tobias Mattle vom Swiss-Pilotenverband Aeropers. Die Mehrheit der Aspiranten sind Deutsche. Hohmeister kündigte bereits an, zur Not auf Leihpiloten aus dem Ausland zurückgreifen zu wollen, berichtet die Zeitung Schweiz am Sonntag.

Neue Pilotenverträge weisen derzeit ein Gehalt aus, welches bis zu 30 Prozent niedriger liegt, als es in der Branche üblich ist. Der Grund dafür seien niedrigere Gewinnmargen und gestiegene Ölpreise. Das Lohnniveau, das „wir im laufenden Gesamtarbeitsvertrag auf einer Ergebnisbasis von 2010 versprochen haben, ist überholt“, sagte Hohmeister.

Vor diesem Hintergrund ist die Staatshilfe für die Suisse ein willkommenes Mittel, um die Pilotenausbildung zu finanzieren. Allein die Grundausbildung für Kurzstreckenflüge kostet 130.000 Franken pro Auszubildenden. 120.000 Franken muss die Fluglinie zahlen. Auf Langstreckenflügen teilen sich die Fluggesellschaft (75.000 CHF) und der Auszubildende (45.000) die Kosten.

Auf Hilfe vom Mutterkonzern Lufthansa kann SWISS derzeit nicht hoffen. Im ersten Halbjahr machte Lufthansa einen Verlust von 204 Millionen Euro. Die Zahl der Passagier- und Frachtflüge ist rückläufig. Der Umsatz ist entsprechend gesunken (mehr hier).

In der Schweiz sorgt die Entscheidung für Aufregung: Zahlreiche Kommentatoren bringen im Internet ihr Unverständnis dafür zum Ausdruck, dass der Schweizer Staat nicht in der Lage war, die eigene Fluggesellschaft wirtschaftlich zu führen, nun aber einem ausländischen - notabene deutschen! - Konzern Steuergelder nachwerfe, obwohl die Fliegerei eigentlich unzweideutig eine private Branche geworden sei.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Das neue Gold der Energiewende: Warum Batteriespeicher zur Überlebensfrage werden
24.04.2025

Während Europas grüne Agenda ins Wanken gerät und geopolitische Schocks die Energielandschaft umkrempeln, kündigt sich eine neue Ära...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Warum die Generalsanierung Jahre dauern wird
24.04.2025

Unpünktlich, überlastet, marode: Die Bahn steckt fest. Die Bundesregierung will mit Milliarden gegensteuern – doch selbst optimistische...

DWN
Politik
Politik Peter Navarro: Der Mann hinter Trumps Zollhammer – Loyal bis zur Selbstaufgabe
24.04.2025

Er ging für Donald Trump ins Gefängnis. Jetzt zieht Peter Navarro hinter den Kulissen die Fäden im eskalierenden Handelskrieg zwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dominanz auf Rädern: Warum der Lkw das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bleibt
23.04.2025

Während über grüne Logistik und die Renaissance der Schiene debattiert wird, bleibt der Lkw unangefochten das Rückgrat des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...

DWN
Finanzen
Finanzen „Krise ist die neue Normalität“ – Warum kluge Investoren jetzt gegen den Strom schwimmen müssen
23.04.2025

Volatilität ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern System. Warum Investoren jetzt mit Besonnenheit, Disziplin und antizyklischer Strategie...