Deutschland

Familienpolitik gescheitert: Deutsche Kinder sind ärmer als britische

1,2 Millionen Kinder in Deutschland wachsen in ärmlichen Verhältnissen auf. Es fehlt ihnen an notwendigen Dingen wie warmen Mahlzeiten, Kleidung und Bücher. Armut ist nicht nur in der dritten Welt vorhanden, sondern auch in Industriestaaten wie Deutschland.
28.09.2013 23:04
Lesezeit: 2 min

In Deutschland wächst die Kluft zwischen Kindern, die gesund, abgesichert und gefördert aufwachsen und solchen, deren Alltag durch Hoffnungslosigkeit, Mangel und Ausgrenzung geprägt ist, weiter. Bei der frühkindlichen Förderung hinken die Kinder aus der Unterschicht, trotz der Investitionen der Politik, der vergangenen Jahre hinterher.

Immer noch besuchen Kinder aus finanzschwachen Familien seltener eine gute Kita. Dazu brauchen gerade sie frühzeitige gezielte Förderung. Denn viele Kinder aus benachteiligten Wohnvierteln weisen bereits bei der Einschulung Defizite bei Feinmotorik, Grobmotorik und Sprachfähigkeit auf. Laut der Armutsforschung leben diese Kinder in Familien, die weniger als die Hälfte des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Die meisten Familien sind von Hartz IV abhängig.

Jedes 15. Kind in der Bundesrepublik lebt in einer Familie, die es sich nicht leisten kann, dem Kind einmal am Tag eine warme Mahlzeit zu bezahlen. Wie die Sendung Planet Wissen berichtete, können sich Sozialhilfe-Empfänger nicht gesund ernähren, da das Geld nicht für die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Tagesration reicht. Infolgedessen leiden sie häufiger unter Vitaminmangel, Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und Übergewicht. 4,0 Prozent der Kinder der Bundesrepublik besitzen nur ein einziges Paar Schuhe, die zu jeder Jahreszeit getragen werden.

„Es ist enttäuschend, dass Deutschland es nicht schafft, die materiellen Lebensbedingungen für Kinder entscheidend zu verbessern“, kritisierte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider. Die Kinderarmut in Deutschland ist einer Unicef-Studie zufolge höher als in vielen anderen Industrieländern.

Auf einer Liste mit 29 Ländern zu Entbehrungen von Kindern belege Deutschland Platz 15, teilte das UN-Kinderhilfswerk mit. Das bedeute, dass die Kinderarmut in 14 Industrienationen geringer sei. Am Besten schneiden demnach die skandinavischen Länder ab, allen voran Island und Schweden. Diese beiden Nationen seien jedoch nicht wesentlich vermögender als Deutschland, sondern lägen beim Pro-Kopf-Einkommen und der wirtschaftlichen Entwicklung auf vergleichbarem Niveau.

Besser als in Deutschland gehe es auch Kindern in Großbritannien, obwohl dort die Pro-Kopf-Einkommen im Schnitt niedriger lägen als in Deutschland. Die sozialen Unterschiede findet man auch im Inland. Vor allem in Deutschlands Metropolen steigt die Kinderarmut. Die höchste Armutsquote hat Berlin. Hier ist jedes dritte Kind auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Der Anteil von Kindern, die von Hartz IV leben, unterscheidet sich stark nach Städten, Bundesländern und Regionen.

2012 wuchsen in München 12,6 Prozent der unter Dreijährigen in Familien auf, die auf die staatliche Grundsicherung angewiesen waren. In Köln oder Dresden waren es etwa 25 Prozent, in Gelsenkirchen dagegen 40,4 Prozent. Bei den Regionen führt der Stadtstaat Berlin die höchste Kinderarmutsquote an. Baden-Württemberg und Bayern waren dagegen die Bundesländer mit der niedrigsten Kinderarmut. Die Armutsspanne innerhalb ein und derselben Stadt, kann noch erheblich größer sein, als zwischen den Regionen. In manchen Stadtbezirken liegt die Armutsquote von Kindern unter drei Jahren nur bei etwas über einem Prozent, in anderen bei über 50 Prozent.

 

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