Politik

Afghanistan: Taliban und Al Qaida erobern Teile des Nordens

Die Taliban haben nach dem Abbruch der Friedensgespräche mit den USA große Teile der Provinz Tachar erobert. Al Qaida erlebt als Verbündeter der Taliban ein Comeback in Afghanistan.
11.09.2019 07:25
Aktualisiert: 11.09.2019 07:31
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach dem Abbruch der Gespräche der USA mit den Taliban haben Söldner-Verbände der Taliban am Dienstag in der nördlichen Provinz Tachar binnen weniger Stunden die beiden Bezirke Jangi Kalah und Darkad erobert, berichtet das Long War Journal. Zuvor fanden Gefechte zwischen den Taliban und Regierungstruppen der afghanischen Zentralregierung statt.

Die Regierungstruppen mussten sich aus beiden Bezirkszentren zurückziehen, nachdem trotz einer Zusage aus Kabul keine Verstärkung gekommen war. Sicherheitskräfte kämpften nach ihrem Rückzug aus dem Zentrum von Darkad weiter mit Taliban an der Bezirksgrenze. Einen Angriff auf einen dritten Bezirk in der Provinz Tachar, Chowtscha Ghar, konnten die Sicherheitskräfte abwehren.

Erst am Wochenende eroberten die Taliban den Bezirk Dascht-e Artschi im nördlichen Kundus. Gleichzeitig erzielten die Regierungstruppen Fortschritte im nordöstlichen Badachschan im Bezirk Wardutsch, der mehr als vier Jahre von den Taliban gehalten wurde. In dem Bezirk hatten Behördenangaben zufolge über die Jahre mehrere Hundert ausländische Dschihadisten Unterschlupf gefunden. Angriffe der Regierungstruppen liefen auch im Bezirk Jamgan.

Der UN-Sonderbeauftragte Tadamichi Yamamoto hatte angesichts der Kämpfe vor einer Eskalation bei der anstehenden Präsidentschaftswahl am 28. September gewarnt. “Wir hören immer noch viel Besorgnis von afghanischen Bürgern, insbesondere angesichts der Drohungen der Taliban, die Wahl durch Angriffe auf wählende Zivilisten zu torpedieren”, so Yamamoto während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates am Dienstag. Angriffe auf Unbeteiligte und Wahllokale seien inakzeptabel und stellten Verletzungen des Völkerrechts dar.

US-Präsident Donald Trump hatte kurz vor einem erwarteten USA-Taliban-Abkommen am Samstag überraschend erklärt, er habe weitere Gespräche mit den Taliban wegen eines tödlichen Anschlags in Kabul abgebrochen. Die USA und die Taliban hatten seit Juli 2018 über eine politische Lösung des bald 18 Jahre dauernden Konflikts in Afghanistan gesprochen. Beide Seiten zeigten sich bis zuletzt zuversichtlich, bald ein Abkommen zu unterzeichnen.

Afghanische Regierungsbeamte und ehemalige US-amerikanische Vertreter haben NBC News mitgeteilt, dass der Gesandte von Präsident Donald Trump, Zalmay Khalilzad, in den vergangenen Tagen mit der afghanischen Regierung wegen des geplanten Abkommens zwischen den USA und den Taliban, nachdem in 135 Tagen 5.000 US-Soldaten Afghanistan verlassen sollten, in Konflikt geraten sei. In Afghanistan befinden sich derzeit 14.000 US-Truppen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC) schätzte im Juni 2019, dass es in Afghanistan 8.000 bis 10.000 ausländische Terroristen gibt, von denen 2.500 bis 4.000 dem islamischen Staat Khorasan (ISKP), der ein Kontrahent der Taliban ist, angehören. Die Vereinten Nationen bewerten die Taliban als “Hauptpartner” verschiedener terroristischer Gruppen. Dazu zählen Al-Qaida, das Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e-Taiba (LeT), die Islamische Bewegung Usbekistans und die Islamische Partei Turkestan (TIP) sowie fast 20 andere regional und global fokussierte Gruppen in Afghanistan.

Al-Qaida und die Taliban-Führung haben öffentlich und wiederholt die Bedeutung ihres Bündnisses betont. Es überrascht nicht, dass der UN-Bericht vom Juli auch feststellt, dass Al-Qaida-Mitglieder regelmäßig als “militärische und religiöse Ausbilder” für die Taliban fungieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama ALDI Süd zieht Konsequenzen: Schluss mit Billigfleisch aus niedrigster Haltungsform
20.10.2025

ALDI Süd will Fleisch aus der untersten Haltungsform schrittweise aus den Regalen nehmen. Produkte aus Haltungsform 1, bei denen nur die...

DWN
Politik
Politik Deutschland stärkt Präsenz im hohen Norden – Verteidigungsminister Pistorius startet Arktis-Reise
20.10.2025

Bei seiner ersten Station in Reykjavík hat Verteidigungsminister Boris Pistorius eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Krankes Kind: Wie lange dürfen Eltern bei der Arbeit fehlen und wann gibt es Kinderkrankengeld?
20.10.2025

Ein krankes Kind stellt Eltern oft vor schwierige Entscheidungen: Arbeit oder Pflege? Zwischen Jobpflicht und Fürsorge klafft oft eine...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Wie der US-Präsident Putins Argumente übernimmt
20.10.2025

Donald Trump fordert ein Ende des Ukraine-Kriegs – durch Teilung des Donbass zugunsten Russlands. Damit übernimmt er offen die Argumente...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Cybersicherheit Lieferkette: Wenn der Angriff über den Partner kommt
20.10.2025

Ein einziger ungeschützter Zulieferer kann heute ganze Konzerne stilllegen. Cyberkriminelle greifen nicht mehr frontal an, sondern nutzen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen "Die Modernisierung der Bahn ist ein Marathon, kein Sprint": Neue Bahnchefin mit großen Pläne
20.10.2025

Die neue Chefin der Deutschen Bahn, Evelyn Palla, will den Konzern komplett umbauen und die Qualität des bundeseigenen Unternehmens so...

DWN
Panorama
Panorama Filmreifer Coup: Dem Louvre werden Juwelen von "unschätzbarem" Wert gestohlen
20.10.2025

Der Einbruch in das Pariser Museum Louvre läuft so spektakulär ab wie das Szenario eines Gangsterfilms .In nur vier Minuten stehlen sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Honigetiketten künftig mit detaillierten Herkunftsangaben Pflicht
20.10.2025

Honigkäufer sollen künftig genauer erfahren, woher ihr Honig stammt. Laut einer Verordnung des Bundesernährungsministeriums müssen auf...