Der US-Börsenbetreiber Nasdaq greift mitten im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit bei Neuemissionen (IPO) von Kleinunternehmen aus der Volksrepublik China hart durch. So werden zum Beispiel die Vorschriften für geplante Börsengänge verschärft, wie aus offiziellen Mitteilungen hervorgeht, aus denen Reuters zitiert. Die US-Regierung erwägt Insidern zufolge sogar, die Börsennotierung chinesischer Firmen in den USA ganz einzustellen. China warnte am Montag, dass ein solcher Schritt zu Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten führen könnte.
Drei namentlich nicht genannte Insider hatten am Freitag gesagt, die Regierung von US-Präsident Donald Trump erwäge, die Börsenzulassung von bereits an den US-Handelsplätzen notierten chinesischen Unternehmen zu widerrufen (delisting). Ein solcher Schritt wäre Teil von Bemühungen im größeren Stil, chinesische Investitionen in den USA einzuschränken, sagten zwei der Insider der Nachrichtenagentur Reuters.
Das US-Finanzministerium erklärte später, "im Moment" gebe es keine Pläne, Börsengänge von chinesischen Unternehmen in den USA zu verhindern. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, sagte am Montag, eine "Entkoppelung" der Beziehungen zwischen China und den USA wäre für beide Seiten schädlich und würde zu Turbulenzen an den Finanzmärkten führen.
Die Aussagen Gengs bezüglich einer Entkoppelung sind bemerkenswert, weil einige Beobachter tatsächlich erwarten, dass der Handelskrieg zwischen den USA und China zu einer Zweiteilung der Welt auf den Finanzmärkten und in den Bereichen von Politik und Technologie führen werde.
US-Präsident Donald Trump wirft China unfaire Handelspraktiken vor und hat deshalb milliardenschwere Strafzölle verhängt. China hat mit Gegenzöllen reagiert. Das belastet weltweit die Wirtschaft und hält die Börsen in Atem.
Zuletzt waren nach Angaben der US-Regierung mehr als 150 chinesische Firmen an der Wall Street notiert. Die Umsätze mit Aktien der meisten chinesischen Unternehmen bleiben nach der Börsennotierung in New York jedoch niedrig, da sich die Papiere in den Händen von nur wenigen Investoren befinden. Diese geringe Liquidität macht sie unattraktiv für viele institutionelle Anleger. Eine zunehmende Zahl der Firmen erhält zudem bei ihrem Börsengang den Großteil ihres Kapitals aus chinesischen Quellen und nicht von US-Anlegern.
Neben verschärften Vorschriften für geplante Börsengänge erschwert die Nasdaq den Schritt aufs Parkett auch auf andere Weise. So werde der Genehmigungsvorgang für den Sprung auf das Handelsparkett verlangsamt, sagten Investmentbanker und Unternehmenschefs.
Eine Nasdaq-Sprecherin sagte, dass die Börse allen qualifizierten Firmen einen fairen Marktzugang gewähre. US-Anlegern sollen damit breite Investitionsmöglichkeiten gegeben werden. Zu den Auswirkungen der neuen Börsenregeln auf IPOs von chinesischen Kleinunternehmen wollte sie sich nicht äußern. Im vergangenen Jahr sind insgesamt 19 chinesische Firmen an die Nasdaq gegangen.