Politik

Kramp-Karrenbauer bereitet die Deutschen auf neue Militäreinsätze im Ausland vor

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Öffentlichkeit in einem Zeitungsinterview auf vermehrte Einsätze der Bundeswehr im Ausland vorbereitet. Begründet wird dies auch mit dem Schutz von Handelswegen.
07.11.2019 09:16
Aktualisiert: 07.11.2019 09:16
Lesezeit: 2 min
Kramp-Karrenbauer bereitet die Deutschen auf neue Militäreinsätze im Ausland vor
25.08.2011, Afghanistan, Kundus: Bundeswehrsoldaten machen während einer Minensuch-Mission durch die Wüste der Ostplatte eine Pause. (Foto: dpa) Foto: Maurizio Gambarini

Deutschland muss sich nach Ansicht von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) darauf einstellen, die Bundeswehr häufiger im Ausland einzusetzen als bisher. Deutschland müsse künftig "offen damit umgehen, dass wir - so wie jedes andere Land dieser Welt - eigene strategische Interessen haben", sagte die Ministerin und CDU-Chefin der Süddeutschen Zeitung vom Donnerstag.

Die Bundesrepublik sei wie kein anderes Land "darauf angewiesen, dass wir einen freien Handel haben, der auf Regeln basiert" und darauf, dass es "offene Handelswege" gebe. In den vergangenen Jahren "haben wir oft nicht aktiv genug gehandelt", kritisierte die Ministerin. "Wir sind zu Einsätzen dazugekommen, wenn wir gefragt worden sind - mal haben wir uns stärker beteiligt, mal weniger."

Deutschland müsse in Zukunft "aber auch selbst die Initiative ergreifen, Impulse setzen, Optionen aufzeigen". Das Land müsse bereit dazu sein, "die damit verbundenen Kosten zu tragen - finanziell, politisch und moralisch, wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble es jüngst formuliert hat". Nur so könne Deutschland "ein internationales Umfeld beschützen und gestalten, das unseren Werten und Interessen gemäß ist".

Dabei müsse das Land "grundsätzlich bereit sein, das Spektrum an Fähigkeiten, über das wir verfügen, auch zur Verfügung zu stellen". Kramp-Karrenbauer sagte, sie wisse, "wie schwer das ist, wie viele Opfer das verlangt". Trotzdem müsse sich die Politik "darauf einstellen, dass eine Frage in Zukunft häufiger auf uns zukommen wird: Was leistet Deutschland?" Sie sei der Auffassung, "dass wir uns hier nicht immer verweigern können".

Auf den Einwand, dass deutsche Soldaten bei solchen Einsätzen getötet werden könnten, sagte die Verteidigungsministerin, jeder Einsatz sei gefährlich. Manche Situationen erforderten aber Einsätze der Bundeswehr. Die Ministerin verwies auf die Lage in der Sahel-Zone: Dort gebe es "eine der größten Drehscheiben für islamistischen Terrorismus". Es gehe um die Frage, ob dieser Terrorismus nach Europa exportiert wird.

Kramp-Karrenbauer verwies auf die Münchner Sicherheitskonferenz 2014, als führende deutsche Politiker mehr sicherheitspolitisches Engagement forderten. Damals hätten "Joachim Gauck als Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier als Außenminister und Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin unisono gesagt: Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen". Deutschland sei den Erwartungen, die in München geweckt wurden, aber "bisher nicht immer gerecht geworden".

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), reagiert skeptisch auf die Forderung Wenn die Ressortchefin sage, "die Bundeswehr könne materiell und personell sofort zusätzliche Auslandseinsätze stemmen, ohne bestehende Verpflichtungen zu gefährden, dann kann das allenfalls für neue Kleinmissionen gelten", sagte Bartels den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Dagegen sei "eine deutsche Syrien-Brigade mit 5000 Soldaten, durchhaltefähig über Jahre", nicht einfach so umsetzbar, sagte Bartels. Kramp-Karrenbauer hatte im Oktober eine internationale Sicherheitszone für Nordsyrien gefordert. In einer Grundsatzrede an der Universität der Bundeswehr in München forderte sie am Donnerstag ein stärkeres Engagement Deutschlands in der Welt. Dazu gehöre die Bereitschaft, "gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern das Spektrum militärischer Mittel wenn nötig auszuschöpfen".

Nach Bartels' Ansicht muss Kramp-Karrenbauer aber die Voraussetzung für zusätzliche Auslandseinsätze erst noch schaffen. "Verbesserung der Einsatzbereitschaft heißt die Aufgabe", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Dazu muss dringend die Beschaffung vollständiger Ausrüstung beschleunigt werden, und auch die organisierte Verantwortungsdiffusion in Ämtern und Truppe ist eine Reformbaustelle." Außerdem könnten Auslandseinsätze "kein Selbstzweck" sein, fügte Bartels hinzu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...