Politik

Bundestag beschließt CO2-Sondersteuer: Auf den Mittelstand kommen schwere Zeiten zu

Der Bundestag hat die Sondersteuer auf die Emissionen des natürlichen Gases Kohlenstoffdioxid beschlossen. Besonders darunter leiden dürfte Beobachtern zufolge der Mittelstand.
15.11.2019 14:22
Aktualisiert: 15.11.2019 14:22
Lesezeit: 2 min
Bundestag beschließt CO2-Sondersteuer: Auf den Mittelstand kommen schwere Zeiten zu
15.11.2019, Berlin: Peter Altmeier, Bundeswirtschaftsminister, Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister, und Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dpa) Foto: J

Der Bundestag legte am Freitag nach langem Streit in der Koalition konkrete Gas-Einsparziele für einzelne Sektoren wie Energiewirtschaft, Verkehr und Wohnen fest. Jedes Ministerium ist dafür verantwortlich, die Vorgaben über die nächsten Jahre zu erreichen. Damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland bis 2030 rund 55 Prozent Gase im Vergleich zu 1990 einspart. Derzeit hinkt die Bundesrepublik ihren Zielen hinterher und hat erst knapp 30 Prozent erreicht. Umweltministerin Svenja Schulze sagte, das Land bekomme jetzt einen klaren Fahrplan: "Klimaschutz wird endlich für alle verbindlich." Wirtschaftsverbände warnten hingegen vor den Folgen gerade für den Mittelstand.

Neben dem Klimaschutz-Kerngesetz beschloss das Parlament noch eine Reihe weiterer begleitender Vorhaben. Dazu gehört die Einführung einer Sondersteuer für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid für Sprit, Heizöl oder Gas. Dieser soll über die Jahre steigen und wir auf die Preise an der Tankstelle oder der Heizkostenabrechnung aufgeschlagen. Auf der anderen Seite will die Koalition die Belastungen etwa durch Zuschüsse für den Kauf von Heizungen, Steuer-Erleichterung für Pendler und Preissenkungen bei Fernbahn-Tickets abfedern. Weitere Gesetze werden folgen: So zum Ausstieg aus der Stein- und Braunkohle und zur Kfz-Steuer, die sich stärker am CO2-Ausstoß richten soll. Strittig sind noch neue Regeln für den Windkraft-Ausbau - hier stehen die Politiker zwischen mehr als 1000 Bürgerinitiativen gegen den Bau von Windrädern auf der einen und den Lobbygruppen der Windkraftbranche auf der anderen Seite.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte, der über die Jahre steigende CO2-Preis werde vor allem den Mittelstand belasten. "Die Bundesregierung vergibt eine große Chance und gefährdet sehenden Auges den deutschen Mittelstand, statt effiziente mit kluger Wirtschaftspolitik zu verbinden", sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch.

SPD-Vize-Fraktionschef Matthias Miersch sprach von einem Riesenschritt zu echtem und verbindlichem Klimaschutz für jeden einzelnen Bereich. "Jeder Minister, der sich an die Ziele nicht hält, wird sich vor diesem hohen Haus verantworten müssen." Dann müsse das Ressort Sofort-Maßnahmen vorlegen. Kritik kam dagegen von der Opposition. Die Grünen nannten das Gesetz bestenfalls unzureichend und an vielen Stellen kontraproduktiv. "Sie sind an der Menschheitsaufgabe Klimaschutz gescheitert", kritisierte Fraktionschef Anton Hofreiter die große Koalition. Die AfD sprach von einer Abzocke der Bürger, das Vorhaben werde zudem Hunderttausende Arbeitsplätze kosten. "Autofahren wird zu einem Privileg für Reiche", sagte der Abgeordnete Marc Bernhard.

Ergänzend beschloss der Bundestag ein Gesetzespaket mit zahlreichen Instrumenten zum Klimaschutz: Zum Ausgleich für die CO2-Sondersteuer sollen Pendler Steuer-Erleichterungen erhalten und auch die Dämmung von Häusern steuerlich gefördert werden. Hilfen wird es auch beim Ersatz alter Öl-Heizungen geben. Zum Paket gehört ferner die Förderung des umweltfreundlichen Bahnverkehrs, indem beispielsweise die Mehrwertsteuer auf Fernbahntickets gesenkt wird. Flugreisen will die Bundesregierung dagegen über eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe auf Tickets verteuern.

Während das Klimaschutz-Dachgesetz und die CO2-Sondersteuer vom Bundesrat praktisch nicht verhindert oder verändert werden können, muss die Länderkammer bei den Steuerbeschlüssen zustimmen. Dafür braucht die Koalition dann auch eine Unterstützung der Grünen oder der FDP in Landesregierungen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...