Technologie

Technologische Abkopplung: Chinas Behörden ersetzen ausländische Software durch einheimische Systeme

Die chinesische Regierung hat angeordnet, dass alle Behörden ihre ausländischen Computer sowie ausländische Software durch heimische Produkte ersetzen müssen. China fühlt sich offenbar stark genug für eine technologische Entkopplung vom Westen.
10.12.2019 14:00
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Technologische Abkopplung: Chinas Behörden ersetzen ausländische Software durch einheimische Systeme
Ein Server. (Foto: dpa) Foto: Daniel Reinhardt

Peking hat alle Behörden und öffentlichen Institutionen angewiesen, ausländische Computerausrüstung und Software innerhalb von drei Jahren zu entfernen und durch inländische Technologie zu ersetzten. Dies ist die erste derartige öffentlich bekannte Anweisung. China reagiert damit auf die Bemühungen der US-Regierung, die Nutzung chinesischer Technologie in den USA und anderen westlichen Staaten zu unterbinden. Die Maßnahme ist ein Schlag im Handelskrieg gegen US-Unternehmen wie HP, Dell und Microsoft.

Zudem ist der Schritt Teil einer breit angelegten Kampagne zur Entkopplung Chinas von ausländischen Technologien. Im Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten prognostizierte kürzlich der Ökonom und Politikwissenschaftler Glenn Diesen, dass die Welt aufgrund der Rivalitäten zwischen den USA und China in zwei separate Machtblöcke mit unterschiedlichen Technologien, Lieferketten und politischen Systemen zerfallen werde.

Anfang des Jahres hatte Washington bereits US-Unternehmen verboten, Geschäfte mit dem chinesischen Telekommunikationsausrüster Huawei zu tätigen. Kürzlich haben die USA gesagt, dass sie Technologieimporte von "ausländischen Gegnern" in die USA aus Gründen der nationalen Sicherheit überprüfen wollen. Zudem haben sie auch die europäischen Verbündeten unter Druck gesetzt, damit diese Huawei aus ihren 5G-Infrastrukturprojekten ausschließen.

Analysten von China Securities schätzen, dass aufgrund der neuen Richtlinie in China rund 20 bis 30 Millionen Geräte ausgetauscht werden müssen, der bereits im kommenden Jahr im großen Stil beginnen wird. Im Jahr 2020 werden demnach 30 Prozent der ausländischen Geräte ausgetauscht, im Jahr 2021 weitere 50 Prozent und im Jahr 2022 die übrigen 20 Prozent, weshalb die Maßnahme auch den Spitznamen "3-5-2" erhalten hat. Den Analysten zufolge war der Auftrag schon Anfang des Jahres von der Zentralstelle der Kommunistischen Partei erteilt worden.

Obwohl die Richtlinien der Zentralverwaltung vertraulich sind, haben namentlich nicht genannte Mitarbeiter von zwei Cybersicherheitsfirmen der Financial Times berichtet, dass sie von ihren Kunden bei chinesischen Behörden ebenfalls von dieser Richtlinie gehört hätten. Die Richtlinie ist Teil einer Initiative der chinesischen Regierungsbehörden und der Betreiber kritischer Infrastrukturen in dem Land, "sichere und kontrollierbare" Technologien einzusetzen, wie es in einem chinesischen Gesetz zur Cyber-Sicherheit aus dem Jahr 2017 verankert ist.

Analysten von Jefferies schätzen, dass US-Technologieunternehmen jährlich bis zu 150 Milliarden Dollar an Einnahmen aus China generieren, wobei allerdings der Großteil der Käufer nicht aus dem staatlichen, sondern aus Chinas Privatsektor stammt. Das Tempo, mit dem ausländische Geräte ersetzt werden sollen, ist ehrgeizig. Chinas Behörden nutzen bereits die Desktop-Computer von Lenovo, nachdem das Unternehmen die PC-Sparte des US-Giganten IBM übernommen hat.

Analysten zufolge dürfte es für China schwierig werden, ausländische Software durch heimische Alternativen zu ersetzen. Denn die meisten Softwareanbieter entwickeln ihre Produkte für die weit verbreiteten in den USA hergestellten Betriebssysteme wie Microsoft Windows und Apples macOS. Von chinesischen Unternehmen entwickelte Betriebssysteme, wie zum Beispiel Kylin OS, haben viel weniger aktive Entwickler, die kompatible Software produzieren.

Im übrigen ist die Definition von "inländisch hergestellt" durchaus ein Problem. So ist etwa Lenovo ein chinesisches Unternehmen, das viele Produkte in China montiert, doch seine Computerprozessorchips werden von Intel und seine Festplatten von Samsung hergestellt. Und auch wenn Microsoft im Jahr 2017 mit seinem chinesischen Joint Venture eine spezielle Version von Windows 10 für Chinas Behörden herausgebracht hat, so darf diese Version laut chinesischen Cybersicherheitsfirmen künftig trotzdem nicht mehr genutzt werden.

Die Auswirkungen der neuen chinesischen Richtlinie werden erheblich sein, da Peking deren Umsetzung in den eigenen Behörden anders als in der Privatwirtschaft problemlos sicherstellen kann, sagte ein Cybersicherheitsanalytiker. Die Entkopplung Chinas von westlicher Technologie zeigte sich kürzlich auch an Huaweis neuestem Handy Mate 30, das im September vorgestellt wurde und mit dem iPhone 11 von Apple konkurrieren soll, denn es enthält offenbar keinerlei von US-Unternehmen gefertigte Bauteile.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Lohnt es sich, Kryptowährungen zu besitzen?

Jeder deutsche Finanzvorstand scheint sich insgeheim diese Frage zu stellen: Kann ich einen Teil meines Kapitals in Kryptowährungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Asien wird zum globalen Zentrum des Finanzbetrugs
15.09.2025

Asien ist zum globalen Zentrum des Finanzbetrugs geworden – mit Hightech, Zwangsarbeit und Milliardenumsätzen. Warum auch Deutschland...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Femtech: Das neue, unerschlossene Milliardengeschäft
15.09.2025

Von Zyklustrackern bis Hightech-Implantaten: Femtech entwickelt sich vom Nischenmarkt zum Billionen-Sektor. Doch Investoren müssen Tabus...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreis-Entwicklung: 2027 sollen laut IfW die Immobilienpreise explodieren
14.09.2025

Nach dem Crash 2023 blicken Immobilienbesitzer und Interessierte nervös auf den Markt. Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, zu kaufen...

DWN
Technologie
Technologie Finnisches Start-up: „Wir bauen Computer, die es noch nie gegeben hat“
14.09.2025

Ein finnisches Start-up kassiert 275 Millionen Euro und will Computer bauen, „wie es sie noch nie gegeben hat“. Doch steckt dahinter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reichtum für alle?
14.09.2025

Da Bundeskanzler Friedrich Merz kürzlich auf dem CDU-Parteitag Niedersachen die Frage aufgeworfen hat, warum Leute, die für 530 Euro...

DWN
Finanzen
Finanzen Gefälschtes Gold: So schützen sich Anleger vor wachsenden Risiken
14.09.2025

Vertrauen allein reicht nicht: Jeder zwanzigste Käufer von Goldbarren wird getäuscht. Wir zeigen, wie Sie gefälschtes Gold erkennen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmenskrise: Generationenwechsel gefährdet deutschen Mittelstand
14.09.2025

Noch nie wollten in Deutschland so viele Unternehmensinhaber ihr Unternehmen an eine jüngere Generation abgeben oder ihren Betrieb...

DWN
Technologie
Technologie DNA-Datenspeicherung: Litauen präsentiert Technologie der Zukunft
14.09.2025

Ein litauisches Startup will Daten in DNA speichern – kompakt, langlebig, ökologisch. Die Technologie könnte Server und Clouds bald...