Deutschland

Beweismittel in der Berater-Affäre: Verteidigungsministerium löscht von der Leyens Handy-Daten

Handydaten, welche der Bundestag als Beweismittel gegen die in der sogenannten Berateraffäre unter Druck geratene frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen angefordert hatte, sind vom Verteidigungsministerium gelöscht worden. Die Opposition schäumt vor Wut.
20.12.2019 09:43
Aktualisiert: 20.12.2019 09:43
Lesezeit: 2 min
Beweismittel in der Berater-Affäre: Verteidigungsministerium löscht von der Leyens Handy-Daten
Ursula von der Leyen. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Für die Untersuchung der Berateraffäre des Verteidigungsministeriums möglicherweise wichtige Daten aus der Mobilfunkkommunikation der früheren Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) sind laut Medienberichten vernichtet worden. Wie das ARD-Hauptstadtstudio und die Zeitung "Die Welt" berichteten, räumte der Vize-Regierungsbeauftragte für die Aufklärung der Affäre, Markus Paulick, am Donnerstag in einer vertraulichen Sitzung des Untersuchungsausschusses ein, dass die Daten auf dem Mobiltelefon von der Leyens (CDU) bereits im August gelöscht worden seien.

Das Handy sei vom Hersteller "sicherheitsgelöscht" worden, die Daten seien damit mutmaßlich unwiederbringlich verloren, wurde Paulick vom ARD-Hauptstadtstudio zitiert. Der Bundestag hatte laut "Welt" vor der Löschung beantragt, das Handy als Beweismittel einzustufen. Im Raum stehe nun der Vorwurf der unerlaubten Aktenvernichtung.

Die Opposition richtete deshalb am Freitag schwere Vorwürfe gegen das Ministerium: Dieses versuche offenbar, durch Vernichtung von Daten die Aufklärung zu erschweren. Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück und rechtfertigte sein Vorgehen mit Sicherheitserfordernissen.

Vertreter der Opposition reagierten empört. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Tobias Lindner, sprach im ARD-Interview von "digitalem Aktenschreddern". Er forderte, dass Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei den Verantwortlichen durchgreife und auch personelle Konsequenzen ziehe. Der Grünen-Politiker Tobias Lindner sprach von einem "handfesten Skandal". Es müsse davon ausgegangen werden, "dass hier Amtsträger Beweismittel vernichtet haben", sagte er den Funke-Zeitungen. "Ein solches Verhalten kann strafrechtliche Relevanz haben." Das Ministerium müsse versuchen, die Daten wiederherzustellen.

Der FDP-Abgeordnete Alexander Müller sprach von einer "ärgerlichen Hinhalte-Taktik" der Regierung. Zunächst habe es im Ministerium geheißen, dass nach dem Handy gesucht werde. Dann sei mitgeteilt worden, es sei noch PIN-gesperrt. Nun habe die Regierung eingeräumt, dass es bereits im August "platt gemacht" worden sei, sagte Müller der "Welt".

Das Bundesverteidigungsministerium berief sich auf Sicherheitsgründe. Die Löschung sei nötig geworden, weil die Handy-Nummer der damaligen Ministerin von der Leyen im Sommer auf einer Internetseite veröffentlicht worden sei. "Daraufhin musste sie ihr Handy zurückgeben", sagte ein Ministeriumssprecher. Gemäß den Regularien hätten alle Daten gelöscht werden müssen - und dies sei auch geschehen.

Von der Leyen habe dann ein neues Mobiltelefon bekommen. Dieses liege seit ihrem Wechsel zur EU nach Brüssel "unter Verschluss im Ministerium", sagte der Sprecher. Er wollte sich nicht dazu äußern, ob auch auf diesem Handy Daten gelöscht worden seien: Diese Frage sei Gegenstand vertraulicher Unterrichtungen im Untersuchungsausschuss, sagte er.

Das Bundesinnenministerium verwies darauf, dass es "keine pauschale Dokumentationspflicht" für Gespräche von Ministerinnen und Ministern gebe. In den Akten würden nur solche Gesprächsinhalte registriert, die "für den Sachverhalt relevant" seien, sagte ein Sprecher. Die Ministerien hielten sich dabei an die Vorgaben der Registraturrichtlinie.

Der Untersuchungsausschuss geht dem Vorwurf nach, dass im Verteidigungsministerium millionenschwere Verträge unter Umgehung des Vergaberechts vergeben worden sein. Auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft steht im Raum. Unklar ist bislang, ob das Gremium die heutige EU-Kommissionschefin von der Leyen als Zeugin vorladen wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelskrieg mit Ansage: Warum Europas Vergeltung Washington teuer zu stehen kommen könnte
13.05.2025

Die EU zieht die Reißleine: Mit einem neuen Maßnahmenpaket über 95 Milliarden Euro kontert Brüssel die US-Strafzölle – und trifft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Munich Re: Milliardenschaden durch Waldbrände in Kalifornien
13.05.2025

Flammen wüten immer wieder durch Kalifornien – und hinterlassen nicht nur verkohlte Wälder, sondern auch tiefe Spuren in den Bilanzen...

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...