Die Ölpreise sind am Mittwoch nach einem iranischen Raketenangriff als Vergeltung für die Tötung des Top-Generals Ghassem Soleimani gestiegen. Die Notierungen konnten aber nur zeitweise neue mehrmonatige Höchststände erreichen. Am Ölmarkt setzte eine schnelle Gegenbewegung ein und die Kursgewinne hielten sich im Mittagshandel in Grenzen. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 68,81 US-Dollar. Das sind 54 Cent mehr als am Vorabend. Der Preis für US-Rohöl der Sorte WTI stieg um 26 Cent auf 62,96 Dollar, so die dpa.
Wenn die Ölpreise aufgrund weiterer Vorfälle im Nahen Osten, insbesondere in der Straße von Hormuz, steigen sollten, dürfte diese Entwicklung insbesondere Chinas Volkswirtschaft in Bedrängnis bringen.
Die Nachfrage nach Öl in China hat in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Derzeit ist China nach den USA der zweitgrößte Ölkonsument der Welt. Diese wachsende Nachfrage nach Öl steht im Zusammenhang mit starken internationalen Ölpreiserhöhungen. Mit seinem steigenden Ölverbrauch spielt China heute eine wichtige Rolle auf den internationalen Ölmärkten, und eine Veränderung seines Verbrauchs könnte diese Märkte ernsthaft destabilisieren. Darüber hinaus nimmt China heute einen herausragenden Platz auf der internationalen Bühne ein, und ein starker Rückgang seiner Wirtschaftstätigkeit könnte das Weltwachstum erheblich beeinflussen.
Die aktuellen Spannungen im Irak hätten beispielsweise einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Ölpreise, aber auch auf operative Tätigkeiten Chinas im Irak. China ist der größte Abnehmer von irakischem Öl und einer der größten Investoren in der irakischen Öl- und Gasindustrie. PetroChina und die China National Petroleum Corporation (CNPC) haben hier massive Investitionen getätigt, einschließlich der 25-prozentigen Beteiligung von PetroChina an dem riesigen Projekt West Qurna 1, das sich mehrheitlich im Besitz von Exxon befindet, berichtet die South China Morning Post (SCMP). CNPC produziert außerdem etwa zwei Millionen Barrel pro Tag (bpd) auf den Ölfeldern Rumaila und Halfaya im Südirak.
Im September unterzeichnete die irakische Basra Oil Company zudem einen Vertrag mit den Chinesen über die Erschließung und Fertigstellung von 80 Ölquellen auf dem riesigen Majnoon-Feld, welches sich ebenfalls in Basra befindet, berichtet die Nachrichtenagentur Xinhua. Angesichts der Hoffnung Chinas, den Ölabsatz aus dem Irak bis Ende dieses Jahres um mehr als zwei Drittel auf 850.000 bpd zu steigern, verfolgt die Regierung in Peking die Vorkommnisse im Irak mit großer Sorge.
Besonders problematisch für China könnte es werden, wenn die Ölpreise die 100-Dollar-Marke knacken, berichtet Oxford Economics. Dieses Szenario sei nicht unwahrscheinlich. “Als weltweit größter Ölimporteur ist China anfällig, und viele Länder in Europa sind auch auf Energieimporte angewiesen. Saisonale Effekte wirken sich ebenfalls aus”, so die South China Morning Post (SCMP).
Der Ölpreise der Sorte Brent ist im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent gestiegen, während WTI um 31 Prozent stieg. Dies veranlasste die Anleger dazu, darauf zu wetten, dass eine Rückkehr in den dreistelligen Bereich unmittelbar bevorsteht.