Unternehmen

Tesla: Je höher die Verluste, desto mehr steigt die Aktie

Tesla hat inzwischen einen höheren Börsenwert als Volkswagen. Der extreme Aufstieg des US-Unternehmens erscheint übertrieben, vor allem wenn man dessen Verkaufszahlen und Profitabilität mit denen der anderen Autohersteller vergleicht.
30.01.2020 13:00
Lesezeit: 3 min
Tesla: Je höher die Verluste, desto mehr steigt die Aktie
Tesla-Chef Elon Musk posiert am 7. Januar anlässlich der Auslieferung der ersten in China hergestellten Autos vom Typ Model 3. (Foto: Ding Ting/XinHua/dpa) Foto: Ding Ting

Am Mittwoch hat Tesla seine Zahlen für das vierte Quartal vorgelegt. Der gemeldete Nettogewinn in Höhe von 105 Millionen Dollar ist allein auf den Verkauf seiner Emissionsrechte zurückzuführen. Diese Gutschriften verursachen Tesla keinerlei Kosten, sodass die daraus resultierenden Einnahmen in Höhe von rund 133 Millionen vollständig in den Gewinn von Tesla einfließen. Ohne den Verkauf von Emissionsrechten an andere Unternehmen hätte Tesla auch im vierten Quartal rote Zahlen geschrieben.

Für das Gesamtjahr 2019 meldet Tesla dennoch wieder einen Nettoverlust von 862 Millionen Dollar. Ohne die Einnahmen aus dem Verkauf von Emissionsrechten in Höhe von 594 Millionen Dollar hätte das Unternehmen sogar einen Verlust von 1,5 Milliarden Dollar melden müssen. Seit seiner Gründung im Jahr 2008 hat Tesla jedes einzelne Jahr rote Zahlen geschrieben. Die Nettoverluste in diesen zwölf Jahren belaufen sich inzwischen auf insgesamt 6,7 Milliarden Dollar.

Diese Zahlen für das vierte Quartal scheinen auf den ersten Blick alles andere als rosig. Doch offenbar hatte der Markt mit deutlich Schlimmerem gerechnet. Denn in der Folge der Vermeldung des Umsatzwachstums von lediglich 2,2 Prozent, des Einbruchs des Nettogewinns um 25 Prozent - trotz der erwähnten 133 Millionen Dollar Einnahmen aus dem Emissionshandel - und des Jahresverlusts von 862 Millionen Dollar stiegen die Aktien des Unternehmens um mehr als 14 Prozent auf 581 Dollar (Stand Donnerstagmorgen).

Gemessen an seiner Marktkapitalisierung von rund 105 Milliarden Dollar ist Tesla inzwischen der zweitgrößte Automobilhersteller der Welt hinter Toyota mit rund 230 Milliarden Dollar und vor Volkswagen mit rund 100 Milliarden Dollar. Doch die Marktkapitalisierung von Tesla erscheint vor dem Hintergrund der anhaltenden Verluste extrem hoch im Vergleich zu den anderen Autoherstellern. Auch der Vergleich der Verkaufszahlen im folgenden spricht gegen Tesla.

"Kein großer Autohersteller, der heute noch lebt, hat Jahr für Jahr Geld verlieren und Geld verbrennen können, indem er von dem Eifer verwirrter Investoren lebte, ihm immer mehr Geld zuzuführen. Nur Tesla hat dieses einzigartige Kunststück der Verwirrung der Investoren vollbracht", schreibt der Finanzjournalist Wolf Richter auf seinem Blog. So hat Tesla im Mai mit der Ausgabe von Aktien und Anleihen 2,7 Milliarden Dollar eingenommen.

So schneidet Tesla im Vergleich mit den großen Autoherstellern ab

Anders als für Tesla waren die letzten fünf Jahre für die Autobranche insgesamt sehr profitabel. Denn zwar ist die Zahl der verkauften Pkw in den größten Automärkten der Welt - China, USA, Europa und Japan - rückläufig. Doch den Herstellern gelang es trotzdem, ihre Einnahmen zu erhöhen, indem sie die Preise erhöhten oder ihre Kunden zum Kauf höherwertiger Modelle bewegen konnten, vor allem zum Umstieg auf SUVs. Daher haben in den letzten fünf Jahren alle großen Autohersteller der Welt teils erhebliche Gewinne erwirtschaftet.

Tesla hingegen machte jedes Jahr Verluste. Zudem verkaufte der Nischenhersteller nur eine vergleichsweise winzige Anzahl von Fahrzeugen. Im vergangenen Jahr lieferte Tesla weltweit nur 367.500 Fahrzeuge aus. Volkswagen hingegen lieferte laut Focus2move im vergangenen Jahr weltweit 10,34 Millionen Fahrzeuge aus und war damit der größte Automobilhersteller der Welt. Nummer zwei war Toyota mit 9,7 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen. Alle zehn größten Automobilhersteller zählten ihre Auslieferungen in mehreren Millionen.

  1. Volkswagen - 10,34 Millionen Fahrzeuge
  2. Toyota - 9,7 Millionen Fahrzeuge
  3. Renault/Nissan - 9,22 Millionen Fahrzeuge
  4. General Motors - 7,74 Millionen Fahrzeuge
  5. Hyundai-Kia - 7,2 Millionen Fahrzeuge
  6. Ford - 4,9 Millionen Fahrzeuge
  7. Honda - 4,83 Millionen Fahrzeuge
  8. F.C.A. - 4,36 Millionen Fahrzeuge
  9. P.S.A. - 3,18 Millionen Fahrzeuge
  10. Merdedes Daimler 2,62 Millionen Fahrzeuge

Tesla hingegen lieferte im vergangenen Jahr weltweit nur 367.500 Fahrzeuge aus. Das heißt mit anderen Worten: Volkswagen lieferte 28 Mal so viele Fahrzeuge aus wie Tesla. Toyota lieferte 26 Mal so viele Fahrzeuge aus. General Motors lieferte 21 Mal so viele Fahrzeuge aus wie Tesla. Wenn man also Verkäufe und Profitabilität betrachtet, erscheint Tesla mit einer Marktkapitalisierung von 105 Milliarden Dollar extrem überbewertet.

Selbst wenn das Unternehmen seine Verkäufe in Zukunft auf 0,73 Millionen Fahrzeuge verdoppeln würde, wäre es nach Ansicht von Wolf Richter angesichts seiner winzigen Größe immer noch um 90 Prozent überbewertet. "Und das setzt voraus, dass Tesla einen Jahresgewinn erzielen kann, denn ein Unternehmen, das immer weiter Geld verliert, wird irgendwann gar nichts wert sein." Die Schulden von Tesla sind im vierten Quartal auf 13,4 Milliarden Dollar angestiegen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Social Media im Umbruch: KI verdrängt persönliche Beiträge immer mehr
07.12.2025

Die sozialen Netzwerke verändern sich rasant, während persönliche Beiträge seltener werden und KI-Inhalte die Feeds bestimmen. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Weshalb selbst starke Zahlen ein strukturelles Problem nicht lösen
07.12.2025

Die Nvidia-Aktie glänzt mit beeindruckenden Ergebnissen, doch Anleger übersehen oft ein zentrales Risiko. Die enorme Größe des Konzerns...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mautkosten in Europa steigen: Wie sich Speditionen jetzt Wettbewerbsvorteile sichern
07.12.2025

Trotz wachsender Belastungen im europäischen Transportsektor zeigt sich immer deutlicher, dass Mautgebühren weit mehr sind als ein...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachten mit kleinerem Budget: Viele Menschen müssen bei Weihnachtsgeschenken sparen
07.12.2025

Weihnachten rückt näher, doch viele Haushalte kalkulieren strenger als je zuvor. Eine neue Umfrage zeigt, wie stark Preissteigerungen die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OpenAI-Bilanz: Deloitte prüft Milliardenpläne und Michael Burry entfacht Debatte
07.12.2025

OpenAIs rasanter Aufstieg und die enormen Investitionspläne des Unternehmens rücken die Transparenz der OpenAI-Bilanz in den Mittelpunkt....

DWN
Politik
Politik Elektromobilitätssteuer Großbritannien: Wie London die E-Auto-Revolution abbremst
07.12.2025

Großbritannien setzt mit einer kilometerbasierten Abgabe ein hartes Signal an alle E-Autofahrer und stellt die finanzielle Logik der...

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...