Politik

Putin legt sich mit Russlands Mafia-Bossen an

Die Duma hat auf Drängen des russischen Präsidenten Putin ein Gesetz auf den Weg gebracht, das sich direkt gegen die Führungsebene der organisierten Kriminalität in Russland richtet.
31.01.2020 15:00
Lesezeit: 2 min

Die russische Staatsduma erwägt ein neues Gesetz, das es einfacher machen soll, die Bosse von Netzwerken der organisierten Kriminalität zu verfolgen, welche sich häufig nicht direkt an Straftaten beteiligen. Damit verhinderten die Paten bislang, dass sie wegen der Bekleidung “einer hohen Position innerhalb einer kriminellen Hierarchie” angeklagt werden konnten.

Der vorläufige Gesetzentwurf wurde am Dienstag veröffentlicht. Künftig sollen Personen für die “Teilnahme an der Versammlungen von Organisatoren, Führern oder anderen Leitern krimineller Organisationen” Freiheitsstrafen zwischen zwölf und zwanzig Jahren erhalten und eine Geldstrafe zwischen umgerechnet 15 bis 75.550 US-Dollar erhalten, oder in Arbeitslagern untergebracht werden.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Russischen Föderation ist die Mordrate in Russland seit dem Amtsantritt von Präsident Wladimir Putin im Jahr 2001 um mehr als 60 Prozent erheblich gesunken.

Die Operationen der kriminellen Netzwerke, insbesondere der Drogen- und Waffenhandel, gedeihen jedoch weiterhin. Die Generalstaatsanwaltschaft meldet insgesamt 13.329 identifizierte Täter des illegalen Waffenhandels und insgesamt 95.683 identifizierte Täter von Straftaten im Zusammenhang mit dem Drogenhandel im Jahr 2018.

Weitere 20.427 Straftaten im Zusammenhang mit illegalem Waffenhandel und 113, 174 Straftaten im Zusammenhang mit Drogenhandel werden untersucht.

Putin schrieb an den Vorsitzenden des Unterhauses des Parlaments und plädierte für das neue Gesetz, berichtet die britische Zeitung The Times. Dem russischen Präsidenten zufolge entgehen zahlreiche Kriminelle der Strafverfolgung, obwohl sie die “abscheulichsten Verbrechen” anordnen, aber diese Verbrechen nicht selbst ausführen. Die kriminellen Netzwerke fügen auch russischen Händlern und Geschäftsleuten Schäden zu. In Russland ist es für kleine und große Unternehmen im Wesentlichen unmöglich, ohne die Zahlung von “Schutzgeldern” zu operieren. Häufig zahlen diese Unternehmen 10-60 Prozent ihres Einkommens vor Steuern an verschiedene Mafia-Gruppen, berichtet die Stanford University.

Das organisierte Verbrechen in Russland ist ein kompliziertes Netzwerk, zu dessen Operationen Erpressung, Betrug, Frachtdiebstahl, Prostitution, Drogen- und Waffenhandel und weitere Gebiete gehören. Der US-Informationsdienst Stratfor führt aus: “Ein (...) Zentrum des organisierten Verbrechens ist in den verschiedenen ethnischen und nationalen Gruppen Russlands verwurzelt. Zu den einflussreichsten gehören Tschetschenen, Armenier, Aseris, Dagestanis, Georgier und Ingusch. Diese ethnischen Gruppen sind in ganz Russland sowie in Zentral-Eurasien aktiv und gelten als die gewalttätigsten kriminellen Gruppen. Anders als in den USA basieren die meisten organisierten Kriminalitätsgruppen in Russland jedoch nicht auf ethnischer Zugehörigkeit (...) Im Gegensatz zu Gruppen wie La Cosa Nostra kann das organisierte Verbrechen in Russland nicht mit der typischen Pyramidenstruktur dargestellt werden. Das liegt daran, dass die organisierte Kriminalität in Russland sich aus Banden zusammensetzt, die zum größten Teil autonom agieren und nur lose Verbindungen zu regionalen, nationalen oder internationalen Netzwerken haben.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...