Finanzen

Investoren vertrauen Griechenland wie nie zuvor: Kreditkosten erreichen Rekordtief

Vor wenigen Jahres hätte dies niemand für möglich gehalten, nun ist es Realität. Die Rendite für griechische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren ist erstmals unter die Marke von ein Prozent gefallen.
13.02.2020 18:19
Aktualisiert: 13.02.2020 18:19
Lesezeit: 2 min

Griechische Staatsanleihen haben am Markt eine neue Qualität erreicht. Am Mittwoch ist die Rendite für zehnjährige Anleihen des Landes erstmals unter die Marke von 1 Prozent gefallen. Von den Rating-Agenturen werden griechische Staatsanleihen in Bezug auf ihre Bonität weiterhin als "Schrott" bewertet. Doch Investoren zeigen eine starke Nachfrage nach jenen Schuldtiteln in der Eurozone, die überhaupt noch eine positive Rendite bieten.

Dies krönt den Rückgang der Kreditkosten des Landes seit dem Höhepunkt der Eurokrise. Damals war die Rendite für zehnjährige griechische Staatsanleihen auf über 30 Prozent geklettert. Dem Land drohte der Staatsbankrott. Von Investoren erhielt es kein Geld mehr. Jetzt, bei drastisch tieferen Zinsen, hat die griechische Regierung eine starke Nachfrage verzeichnet, als sie Investoren im Januar eine neue Anleihe mit einer Laufzeit von 15 Jahren zum Kauf anbot. Dies war die griechische Staatsanleihe mit der längsten Laufzeit seit einer Reihe von Rettungsaktionen und einer Umschuldung vor acht Jahren.

"Es gibt eine Mauer von Geld, die diesen Renditen hinterherläuft", zitiert die Financial Times Antoine Bouvet, einen leitenden Zinsstrategen der niederländischen Bank ING. Seiner Ansicht nach wetten die Investoren darauf, dass die Europäische Zentralbank wie angekündigt für einen längeren Zeitraum an den Zinssätzen unterhalb von null festhalten wird. Negative Leitzinsen erhöhen die Attraktivität von griechischen oder italienischen Staatsanleihen, da diese den Investoren eine höhere Rendite als die Anleihen anderer Staaten der Eurozone bieten. Zudem scheint ein erneuter drohender Staatsbankrott vor diesem Hintergrund weniger wahrscheinlich.

Darüber hinaus ist die griechische Wirtschaft zuletzt solide gewachsen, während zugleich ein Großteil der Eurozone eine wirtschaftliche Verlangsamung verzeichnet. Auch die Wahl der wirtschaftsfreundlichen Regierung von Premierminister Kyriakos Mitsotakis im vergangenen Jahr hat das Vertrauen in das Land gestärkt. Daher konnte es bereits im Oktober kurzfristige Staatsanleihen mit negativen Renditen verkaufen.

Zwar ist Griechenland mit einer Schuldenquote von 180 Prozent weiterhin das am stärksten verschuldete Land der Eurozone. Doch es hat einen Großteil seiner Schulden in Form von langfristigen, zinsgünstigen Darlehen aus Zeiten der Griechenlandrettung. Zudem verfügt die Regierung nach eigenen Angaben über genügend Geld, um ihren Finanzierungsbedarf in diesem Jahr zu decken. "Das gibt den Anlegern die Zuversicht, dass es nicht zu einer massiven Flut von Anleiheemissionen kommt", so Antoine Bouvet.

Fitch Ratings hat das Kreditrating Griechenlands im vergangenen Monat auf BB angehoben. Damit liegt das Land liegt noch immer zwei Stufen unter dem Investment-Grade-Status. Dieser würde die Papiere für globale Anleihenindizes und für Käufe im Rahmen des quantitativen Lockerungsprogramms der EZB qualifizieren.

Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management erwartet für Griechenland weitere Hochstufungen und "vielleicht bis Ende nächsten Jahres" ein erstes Investment-Grade-Rating. Dies sei eine Chance für einen "aktiven Manager wie uns, denn die Index-Tracker werden gezwungen sein, uns Anleihen abzukaufen, egal wie lächerlich der Preis auch sein mag". Dowding erwartet, dass die griechischen Renditen in diesem Jahr weiter fallen werden, da die Investoren nach Alternativen zu den negativen Renditen von Ländern wie Deutschland und Frankreich suchen.

Die Renditen für deutsche Bundesanleihen und französische OATs sind in diesem Jahr weiter gesunken, da die Angst vor dem Coronavirus die Nachfrage anheizte. Wegen der erwarteten negativen Auswirkungen des sich weiter ausbreitenden Coronavirus auf die Weltwirtschaft im Allgemeinen und auf die europäische Wirtschaft im Speziellen haben die Märkte inzwischen die Erwartung korrigiert, dass die EZB im kommenden Jahr die Zinsen wieder erhöhen würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...

DWN
Politik
Politik EU erzielt Kompromiss über Nachhaltigkeitsberichterstattung - was das konkret bedeutet
11.12.2025

Nach zähen Verhandlungen einigt sich die EU auf weitreichende Entlastungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Doch der Kompromiss...

DWN
Politik
Politik Finanzielle Lage von Eltern: Alleinerziehende sind trotz Vollzeitjob armutsgefährdet
11.12.2025

Sie arbeiten, kümmern sich um ihre Kinder, doch ihre finanzielle Lage ist prekär und führt immer mehr in Armut. Die Folge: Deutschland...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weniger Azubi-Stellen: Ausbildungszahlen sinken weiter, zweiter Rückgang in Folge
11.12.2025

Für junge Menschen wird es im Zuge der Wirtschaftsflaute schwerer, einen Ausbildungsplatz zu finden. Angesichts der Konjunkturschwäche...