Politik

Neuverhandlung der EU-Beiträge: Schon vor dem Sondergipfel gibt es Streit

Am Donnerstag sollen die künftigen Jahresbeiträge zum EU-Haushalt beschlossen werden. Die Bundesregierung will deutlich mehr deutsches Steuergeld nach Brüssel schicken als bislang. Doch eine schnelle Einigung ist in weite Ferne gerückt.
17.02.2020 17:00
Lesezeit: 2 min
Neuverhandlung der EU-Beiträge: Schon vor dem Sondergipfel gibt es Streit
Schatten vor einer Wand mit der EU-Flagge. (Foto: dpa) Foto: Virginia Mayo

Kurz vor dem Sondergipfel zu den künftigen Finanzen der Europäischen Union ab 2021 hat das Europaparlament den Regierungen mit einer Blockade gedroht. "Wenn der Rat im Rahmen der bisherigen Diskussionen bleibt, wird das Europäische Parlament den Finanzrahmen ablehnen", sagte der Grünen-Haushaltsexperte Rasmus Andresen am Montag in Berlin. Es gebe einen fraktionsübergreifenden Konsens im Straßburger Parlament, dass die bisherigen Vorschläge aus dem EU-Rat und auch der EU-Kommission nicht akzeptabel seien, betonte auch die zuständige CSU-Haushaltspolitikerin Monika Hohlmeier.

Am Donnerstag wollen die 27-EU-Regierungen versuchen, sich auf den Umfang der EU-Finanzen von 2021 bis 2027 zu einigen. Das Europaparlament muss dem aber zustimmen, damit der Finanzrahmen in Kraft treten kann. In dem Streit geht es sowohl um Umfang der zukünftigen EU-Budgets als auch um die Schwerpunktsetzung. Während etwa die Bundesregierung dafür plädiert, dass die Nationalstaaten ein Prozent der Wirtschaftsleistung an die EU zahlen, fordert das Europaparlament 1,3 Prozent. EU-Ratspräsident Charles Michel hat als Basis für die Verhandlungen am Donnerstag 1,07 Prozent vorgeschlagen.

Der von der Bundesregierung geforderte Beitrag von einem Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht im deutschen Fall rund 35 Milliarden Euro pro Jahr und damit etwa 10 Milliarden Euro mehr als das Land in den vergangenen Jahren überwiesen hatte. Da der britische Beitrag bei rund 13 Milliarden Euro jährlich lag, übernimmt Deutschland rund drei Viertel des britischen Fehlbetrages.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, es sei ungewiss, ob eine Einigung auf dem EU-Gipfel gelingen werde. Die Bundesregierung befürwortet einen raschen Abschluss, damit das Geld für die EU-Programme ab 2021 auch abfließen kann. Der EU-Haushalt müsse modernisiert werden und wichtige Themen wie Klimaschutz, Migration, Forschung und Innovationen aufnehmen. "Das muss sich niederschlagen", sagte er. Schon eine Überweisung von einem Prozent des BIP würde für Deutschland einen deutlichen Anstieg der EU-Beiträge bedeuten. Gerade die Nettozahlerländer befürchten, dass ihre Beiträge nach dem britischen EU-Austritt zu stark steigen könnten.

"Das ist auf keinen Fall ausreichend", kritisierte die CSU-Europaabgeordnete Hohlmeier dagegen den Michel-Vorschlag. Das Parlament werde auch nicht akzeptieren, dass die Regierungen zwar die Höhe der Agrar- und Landwirtschaftszahlungen weitgehend erhalten, dafür aber bei Innovationen kürzen wollten. Das Parlament werde auch auf einer massiven Ausweitung des Erasmus-Jugend- und Studentenaustausches und einer Finanzierung von Klimaschutz-Maßnahmen bestehen. Hohlmeier und Andresen warfen den 27 EU-Regierungen vor, die Verhandlungen systematisch verzögert zu haben. Die EU-Kommission habe ihre Vorschläge schon vor zwei Jahren vorgelegt, das Parlament seine Forderungen Ende 2018 beschlossen. Die verloren gegangene Zeit könne nun nicht bei den Verhandlungen zwischen Rat und Parlament eingespart werden, sagte Hohlmeier.

Andresen betonte, dass das Europaparlament (EP) dem Paket auch nicht zustimmen werde, wenn es keine Rechtsstaatsklausel geben werde. Diese sieht vor, dass EU-Staaten bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit Subventionen gestrichen werden können. Osteuropäische Staaten wie Ungarn oder Polen lehnen dies ab.

Strittig ist zudem die Frage nach eigenen Steuereinnahmen der EU. Das EP befürwortet dies, die Bundesregierung lehnt sie aber ab. Wenn auf europäischer Ebene offen darüber debattiert werde, ein eigenes Steuerrecht zur Erhebung von EU-Steuern zu schaffen, "riskiert das eine sinkende Akzeptanz der EU in der Bevölkerung", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf der CSU-Vorstandssitzung in München.

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