Wirtschaft

Manipulieren die USA und Saudi-Arabien den Ölpreis, um den Iran in den Bankrott zu treiben?

In den USA wird darüber spekuliert, ob man den Ölpreis so weit drücken kann, dass das Regime im Iran an den fehlenden Einnahmen zerbricht.
18.02.2020 12:00
Aktualisiert: 18.02.2020 12:15
Lesezeit: 2 min

Die Tötung von General Qassem Soleimani durch die USA hat im Iran nicht nur anti-amerikanische Proteste ausgelöst, im Gegenteil: Landesweit fanden auch Proteste gegen die Regierung in Teheran statt. Präsident Rouhani hat zugegeben, dass die Regierung nicht mehr in der Lage ist, Löhne und Gehälter rechtzeitig und in Gänze auszuzahlen. Sie werde daher alles daransetzen, die Einnahmen möglichst schnell zu erhöhen.

Doch das wird schwer, angesichts der Tatsache, dass circa 80 Prozent der Staatsausgaben durch die Öl-Exporte finanziert werden. Um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, müsste der Ölpreis 130 US-Dollar pro Barrel betragen – derzeit liegt er bei weniger als der Hälfte. Hält man sich die steigenden Kosten für die Aufrechterhaltung des Militärapparates und das wachsende Engagement der Mullahs in der arabischen Welt an vor Augen, ist es alles andere als undenkbar, dass das Regime vor dem finanziellen Kollaps steht. Zumal es weiter fleißig Subventionen verteilt – seit kurzem beispielsweise an die Weizenbauern. Zu guter Letzt ist die Öl-Nachfrage aus China aufgrund des Corona-Virus stark gefallen – der Iran ist gebeutelt, so viel steht fest.

In den USA wird bereits darüber spekuliert, ob der Iran nicht in Kürze kollabiert. Der ehemalige Sicherheitsberater von Barack Obama, General James Jones, hält dies für möglich, und USA Today schreibt sogar: „Der schnellste und sicherste Weg, einen Regimewandel in Teheran herbeizuführen, ist eine umfassende Kampagne zur Senkung der aktuellen globalen Ölpreise.”

Was müssten die Vereinigten Staaten tun, um eine solche Kampagne erfolgreich durchzuführen? Zum einen müssten sie ihre Ölproduktion kräftig steigern, was aktuell auch geschieht. Zum anderen müssten sie sich die Kooperation von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait sichern, das heißt, die Golf-Staaten müssten ihre Ölproduktion kräftig steigern, um den Preis zu drücken. Tatsache ist, dass Saudi-Arabien und Kuwait am 16. Februar 2020 die Ölförderung auf dem Wafra-Feld (die über vier Jahre brach lag) wiederaufgenommen haben, wie Oil and Gas berichtet. Zwar haben die beiden Länder angekündigt, sich an die bis Ende März 2020 beschlossenen Produktionskürzungen durch die OPEC zu halten. Aber: Beide können ihre Zusage jederzeit zurückziehen.

Der Einwand, dass auch die Öl-exportierenden Länder der Arabischen Halbinsel an einem hohen Ölpreis interessiert sein müssten, und darum ihre Produktion nicht hochfahren werden, liegt auf der Hand. Aber: Noch mehr sind sie daran interessiert, die Expansion des Iran im Nahen Osten zu unterbinden. So muss beispielsweise Saudi-Arabien regelmäßig pro-iranische Aufstände im Osten des Landes sowie im Jemen unterdrücken und darüber hinaus viele Milliarden Dollar für die Unterstützung anti-iranischen Gruppen im Libanon, in Syrien und in Bahrain zu unterstützen. USA Today: „Die Saudis sind nicht nur bestrebt, diese Ausgaben zu senken, sondern können mit etwa 500 Milliarden US-Dollar an Devisenreserven und einer der billigsten Ölförderkosten der Welt bei Bedarf jahrelang niedrigeren Ölpreisen standhalten. Kurz gesagt, der Regimewandel, den niedrige Ölpreise im Iran mit sich bringen würden, wäre ein entscheidender außenpolitischer Segen und würde insgesamt mittel- bis langfristig finanzielle Einsparungen für das Königreich nach sich ziehen.“

Übrigens: Würde ein Regimewandel im Iran erfolgen, würde der Ölpreis wahrscheinlich über einen ziemlich langen Zeitraum niedrig bleiben. Denn nach einem Regimewandel würden aller Voraussicht nach die Sanktionen wegfallen, und dann könnte der Iran die Welt mit Öl fluten. Johannes Benigni, Vorsitzender des renommierten Energie-Beratungsunternehmen „JBC Energy“ aus Wien, sagte im Gespräch mit dem Sender CNBC: „Denken Sie daran, dass der Iran in kürzester Zeit problemlos dem Markt 1,5 Millionen Barrel zukommen lassen könnte. Vielleicht sogar zwei Millionen Barrel, und das ist viel Öl.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...