Finanzen

Aufträge der Industrie sinken sechsten Monat in Folge, Exporte nach Großbritannien brechen ein

Die Auftragslage der deutschen Industrie ist anhaltend negativ. Im Handel mit Großbritannien kommt es zu deutlichen Rückgängen.
19.02.2020 09:10
Lesezeit: 2 min
Aufträge der Industrie sinken sechsten Monat in Folge, Exporte nach Großbritannien brechen ein
Ein Stahlarbeiter. (Foto: dpa) Foto: Rolf Vennenbernd

Wegen der sinkenden Nachfrage aus dem In- und Ausland ist das Auftragspolster der deutschen Industriebetriebe Ende 2019 den sechsten Monat in Folge geschmolzen. Der Bestand nahm im Dezember um 0,3 Prozent zum Vormonat ab, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Dabei fielen die nicht erledigten Aufträge aus dem Inland um 0,1 Prozent, die aus dem Ausland um 0,3 Prozent. Als Bestand wird die Summe der Auftragseingänge eines Monats gewertet, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu Umsätzen geführt haben und die nicht storniert wurden.

In den einzelnen Industriebranchen fiel die Entwicklung sehr unterschiedlich aus: Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern wie Chemikalien gab es gegen den Trend einen Anstieg von 0,4 Prozent, bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen dagegen einen Rückgang von 0,4 Prozent. Die Konsumgüter-Hersteller meldeten ein Wachstum von 0,7 Prozent. Der deutschen Industrie machen die schwächere Weltkonjunktur und Handelskonflikte zu schaffen.

Die Reichweite des Auftragsbestands blieb im Dezember nahezu unverändert: Sie legte minimal zu auf 5,7 Monate. Die Reichweite gibt an, wie viele Monate die Betriebe bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Bestellungen theoretisch produzieren müssten, um die vorhandene Nachfrage abzuarbeiten. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern lag die Reichweite bei 2,9 Monaten, bei den Produzenten von Investitionsgütern bei 7,9 Monaten und in der Konsumgüterbranche bei 2,1 Monaten.

Das lange Hickhack um den Brexit hat die deutschen Exporte nach Großbritannien im vergangenen Jahr zudem so stark fallen lassen wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. Die Ausfuhr von Waren in das Vereinigte Königreich schrumpfte um 4,2 Prozent auf 78,7 Milliarden Euro, wie aus ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlagen. Das war bereits der vierte jährliche Rückgang in Folge. Dadurch fielen die Exporte auf das niedrigste Niveau seit 2013. Zum Vergleich: Die gesamten deutschen Ausfuhren wuchsen im vergangenen Jahr um 0,8 Prozent und erreichten einen Rekordwert.

Experten rechnen für dieses Jahr noch nicht mit einer Trendwende zum Besseren. "Das liegt maßgeblich an der weiterhin bestehenden Unsicherheit über die Handelsbeziehung nach Dezember 2020, wenn die Übergangsphase beendet ist", sagte der Handelsexperte des Ifo-Instituts, Martin Braml, zu Reuters. "Ich rechne bestenfalls damit, dass ein Zollabkommen die schlimmsten Befürchtungen verhindert, aber einen weit gediehenen und tiefgreifenden Handelsvertrag werden wir dann noch nicht haben." Großbritannien ist seit diesem Monat nicht mehr EU-Mitglied. Bis Jahresende gilt eine Übergangsfrist, in der die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Seiten neu geregelt werden sollen.

Zurückgegangen sind im vergangenen Jahr beispielsweise die deutschen Autoexporte nach Großbritannien. Auch bei Flugzeugen und Flugzeugteilen, bei elektronischen Ausrüstungen und pharmazeutischen Erzeugnissen gab es jeweils Einbußen. Ein Grund dafür sei das im Zuge der Brexit-Debatte geschwächte Pfund, das deutsche Produkte verteuert habe, sagte Braml. Auch die hohen Unsicherheit durch den Brexit dürfte die Nachfrage gedämpft haben. Der Handel mit Vorprodukten - also unfertigen Teilen - sei eingebrochen. Auch der Handel innerhalb derselben Industrien sei merklich zurückgegangen. "Deshalb kann man durchaus davon sprechen, dass wir schon im Jahr 2019 Zeuge davon wurden, wie Wertschöpfungsketten aufgelöst wurden", sagte Braml.

Trotz der schwächelnden Geschäfts bleibt Großbritannien einer der wichtigsten deutschen Exportkunden. Nur in die USA, nach Frankreich, in die Niederlande und nach China wurden im vergangenen Jahr mehr Waren "Made in Germany" verkauft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt H&K-Aktie: Rüstungsboom lässt Aufträge bei Heckler & Koch explodieren
04.07.2025

Heckler & Koch blickt auf eine Vergangenheit voller Skandale – und auf eine glänzende Gegenwart und Zukunft. Der Traditionshersteller...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Aufwertung: Sind jetzt Firmengewinne in Gefahr?
04.07.2025

Der starke Euro wird für Europas Konzerne zur Falle: Umsätze schrumpfen, Margen brechen ein – besonders für Firmen mit US-Geschäft...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Facebook greift auf Ihre Fotos zu – viele merken es nicht
04.07.2025

Eine neue Funktion erlaubt Facebook, alle Fotos vom Handy hochzuladen. Die meisten Nutzer merken nicht, was sie wirklich akzeptieren. Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Flat Capital-Aktie: Trotz Beteiligungen an OpenAI und SpaceX überbewertet?
04.07.2025

Flat Capital lockt mit Beteiligungen an OpenAI, SpaceX und Co. Doch die Risiken steigen, Insider warnen. Ist die Flat Capital-Aktie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromsteuersenkung: Wirtschaftsverbände kritisieren Merz für gebrochene Zusage
04.07.2025

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuersenkung sorgt für Aufruhr. Wirtschaftsverbände fühlen sich übergangen und werfen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China-Zölle auf EU-Weinbrand kommen nun doch – das sind die Folgen
04.07.2025

China erhebt neue Zölle auf EU-Weinbrand – und das mitten im Handelsstreit mit Brüssel. Betroffen sind vor allem französische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...