Politik

Deutsche Entwicklungshilfe landet in den Geldkoffern afrikanischer Eliten

Lesezeit: 2 min
23.02.2020 14:24
Eine Studie der Weltbank kommt zu dem Schluss, dass die Eliten in armen Ländern erhebliche Teile der Entwicklungshilfe-Zahlungen auf die eigenen Konten umleiten.
Deutsche Entwicklungshilfe landet in den Geldkoffern afrikanischer Eliten
Die Weltbank überrascht mit einer selbstkritischen Studie zur Entwicklungshilfe. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In einer aktuellen Studie der Weltbank wird aufgezeigt, dass die Eliten in einigen armen Ländern erhebliche Anteile der Entwicklungshilfe-Zahlungen aus westlichen Staaten nicht für entsprechende Projekte zum Nutzen der armen Bevölkerung in diesen Ländern einsetzen. Stattdessen behalten die Eliten das Geld offenbar für sich selbst und leiten es in Steueroasen um.

Die Zweckentfremdung der Entwicklungshilfe wird in der Studie durch einen auffälligen Zusammenhang nachgewiesen. Immer dann, wenn Entwicklungshilfe an die armen Länder überwiesen wurde, kam es in der Folge zu einem hohen Anstieg der Guthaben bei Finanzinstituten in den Steueroasen, also in solchen Ländern, die ein strenges Bankgeheimnis und eine diskrete Vermögensberatung haben.

Jørgen Juel Andersen, Niels Johannesen und Bob Rijkers haben eine Reihe von alternativen Erklärungen für die auffälligen Geldflüsse ausgeschlossen. Demnach sind weder Naturkatastrophen, noch Finanzkrisen oder Bürgerkriege der Grund dafür, dass die armen Empfängerländer erhebliche Teile ihrer Entwicklungshilfe in Steueroasen umgeleitet haben.

Konkret haben die drei Forscher für ihre Studie zwei verfügbare Datensätze der Weltbank und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich miteinander vergleichen. Dies sind zum einen die vierteljährlichen Zahlungen der Weltbank an die 22 bedürftigsten Länder der Welt und zum anderen die BIZ-Daten über den Anstieg der Guthaben von armen Ländern in Steueroasen.

Der gefundene Zusammenhang ist in der Grafik unten eindeutig zu sehen: Entwicklungshilfe-Zahlungen in Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung des Empfängerlandes in einem bestimmten Quartal führten im selben Quartal zu einem statistisch signifikanten Anstieg der Guthaben des Landes in Steueroasen wie der Schweiz oder den Cayman-Inseln um jeweils 3,4 Prozent.

Zwar räumen die Forscher ein, dass alternative Erklärungen für die Geldflüsse möglich sind. Doch diese sind wenig glaubhaft. So könnten etwa Firmen, die mit den Hilfsprogrammen beauftragt werden, das erhaltene Geld ganz legitim in Steueroasen anlegen. Dem widerspricht jedoch eine andere Beobachtung: Die Guthaben der armen Länder in ausländischen Staaten, die keine Steueroasen sind, zeigten keine auffälligen Geldflüsse.

Die Forscher schätzen die in Steueroasen umgeleiteten Gelder auf ungefähr 5 Prozent der gesamten Entwicklungshilfe. Die vermutete Korruption durch die Eliten der armen Länder könnte mitverantwortlich sein für geringe Wirksamkeit der Entwicklungshilfe durch die internationalen Institutionen. Allerdings weisen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft auch ohne Korruption eine vergleichsweise geringe Effektivität auf.

Im Jahr 2017 hatte eine Studie schon einen ähnlichen Zusammenhang festgestellt. Demnach wurden in armen Ländern rund 15 Prozent der Gewinne aus der Ölindustrie abgezweigt und auf private Bankkonten in Steueroasen umgeleitet. Im Vergleich dazu schneidet die Entwicklungshilfe der Weltbank relativ gut ab, was die Autoren darauf zurückführen, dass die Gelder stärker überwacht werden als Ölgewinne.

Die Londoner Wochenzeitung "Economist" berichtet, dass die Weltbank die Veröffentlichung der Studie zunächst blockieren wollte. Möglicherweise ist der interne Streit um die Studie auch der Grund dafür, dass die Weltbank-Chefökonomin Pinelopi Koujianou "Penny" Goldberg, eine US-griechische Ökonomin und Yale-Professorin, letzte Woche ihren vorzeitigen Rücktritt von dem Amt erklärt hat.

Der frühere US-Präsidentschaftskandidat Ron Paul sagte einst im Hinblick auf Entwicklungshilfe, dass dabei Geld von den armen Menschen in den reichen Ländern an die reichen Menschen in den armen Ländern umverteilt werde. Die EU ist heute der weltweit größte Geldgeber für Entwicklungshilfe. Ein erheblicher Teil des von der EU ausgegebenen Geldes stammt vom deutschen Steuerzahler.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...