Deutschland

Bundesregierung beschließt Pflicht zur Passwort-Herausgabe an Ämter und Behörden

Lesezeit: 2 min
24.02.2020 13:40  Aktualisiert: 24.02.2020 13:40
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der nicht nur soziale Netzwerke, sondern etwa auch Online-Spiele und Dating-Apps dazu verpflichtet, die Daten ihrer Nutzer an deutsche Ämter und Behörden herauszugeben. Zudem wird beim BKA ein Zentralregister online verdächtiger Bürger geschaffen.
Bundesregierung beschließt Pflicht zur Passwort-Herausgabe an Ämter und Behörden
Dieser Octopus ist harmlos - die Datenkrake ist es nicht. (Foto: dpa)
Foto: Jens B

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Bundesregierung hat am Mittwoch ihren Entwurf für ein Gesetz "zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität" an den Deutschen Bundestag überwiesen, der es nun mit den Stimmen der großen Koalition verabschieden soll. Und die Verabschiedung im Parlament gilt trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken als relativ sicher. Denn Grüne, Linke und FDP werden sich - erst recht nach den Vorgängen in Thüringen - wohl nicht mit der AfD zusammentun, um noch hinreichende Gegenwehr gegen das Gesetz leisten zu können.

Laut dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen die sogenannten Bestandsdaten künftig nicht nur den Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten zugänglich gemacht werden, sondern auch einfachen deutschen Ämtern und Behörden. Verpflichtet zur Herausgabe der Daten ihrer Nutzer werden etwa die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter, sämtliche Email-Dienste, Chat-Apps wie WhatsApp, Online-Spiele, Shopping-Seiten, Blogs und Dating-Apps wie Tinder.

In der Praxis heißt das, dass diese Unternehmen auf Anfrage neben dem Namen und der Adresse des Nutzers auch etwa dessen IP-Adresse mitteilen müssen. Wenn deutsche Ämter oder Behörden eine richterliche Genehmigung einholen, erhalten sie bei der Verfolgung von "besonders schweren Straftaten" sogar Zugriff auf das Passwort des Nutzers. In der Praxis werden Richter solche Anfragen deutscher Ämter und Behörden meist einfach unterschreiben, da ihnen schlicht die Zeit zur Prüfung der Ermittlungsakten fehlt.

Eigentlich sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, die Passwörter ihrer Nutzer nur verschlüsselt zu speichern. Dass heißt, diese Unternehmen können bei der Passworteingabe zwar feststellen, ob das Passwort richtig ist, aber sie kennen es nicht und können es daher auch gar nicht an die Behörden herausgeben. Möglicherweise vertrauen die Autoren des Gesetzes darauf, dass sich die Unternehmen nicht an geltendes Recht halten oder die Behörden verfügen bereits über Techniken, um verschlüsselte Passwörter zu entschlüsseln.

Schaffung einer "Verdachtsdatenbank" beim BKA

Doch die großen Anbieter von Online-Dienste, darunter vor allem die sozialen Netzwerke, sollen künftig nicht nur erst auf Anfrage tätig werden. Vielmehr müssen sie laut dem Gesetzentwurf ihre verdächtigen Nutzer und deren Daten automatisch und unaufgefordert melden. Hierfür soll beim Bundeskriminalamt (BKA) in Bonn ein neues Zentralregister für Verdachtsfälle geschaffen werden. Wenn zum Beispiel Facebook einen Nutzer für verdächtig hält, so werden dessen Daten hier dauerhaft gespeichert.

Die Pläne der Bundesregierung haben bereits seit der Vorstellung des ersten Entwurfs aus dem Justizministerium von Ministerin Christine Lambrecht (SPD) Ende letzten Jahres für Kritik gesorgt. Wie das Handelsblatt berichtete, sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber in den Plänen der Bundesregierung einen "gravierenden Eingriff in die Grundrechte". Aus seiner Sicht sei es "teilweise zweifelhaft", ob die Pläne überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar sind.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Panorama
Panorama Russland: Ölkatastrophe könnte 200.000 Tonnen Boden verseuchen
23.12.2024

Zwei Tanker sind vor mehr als einer Woche im Schwarzen Meer verunglückt, seither läuft Öl aus. Die Folgen für die Umwelt zeigen sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EU: 13,5 Milliarden Euro für Deutschland
23.12.2024

Mehr saubere Energie und Digitalisierung: Deutschland erhält 13,5 Milliarden Euro aus Brüssel – und weitere Finanzhilfen könnten...

DWN
Panorama
Panorama Privater Gebrauchtwagenmarkt: Diese Vorteile bieten Privatkäufe für Käufer und Verkäufer
23.12.2024

In einer aktuellen Analyse haben die Experten des Internetportals AutoScout24 den Privatmarkt für Gebrauchtwagen untersucht. Laut einer...

DWN
Politik
Politik Steuerverschwendung: Regierung verschleudert massiv Steuergelder auch ans Ausland - ohne jede Prüfung
23.12.2024

Angeblich muss die Politik künftig unbegrenzt Schulden machen, weil der Staat zu wenig Geld hat: Doch Deutschland hat kein...

DWN
Politik
Politik Trump will Panama-Kanal und Grönland
23.12.2024

Trump zeigt sich auf dem AmericaFest kampfbereit. In einer Rede voller provokanter Forderungen greift er zentrale Themen seiner kommenden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Industrien retten: Hubertus Heils Strategien gegen Konjunkturkrise und Arbeitsplatzverlust
23.12.2024

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht in der aktuellen Konjunkturkrise eine massive Gefahr für die industrielle Basis...

DWN
Panorama
Panorama Überraschender Kulturwandel: Liebe zum Bargeld schwindet immer mehr
23.12.2024

Es gleicht einem Erdbeben. Aber auch die Deutschen scheinen die Vorzüge von Plastikkarten beim Zahlen und einlaufen zu schätzen. das...

DWN
Finanzen
Finanzen Antizyklisches Investieren: Lässt sich damit der Markt schlagen?
23.12.2024

Wer antizyklisch investiert, macht das Gegenteil dessen, was die meisten Anleger tun. Ist dabei eine höhere Rendite zu erwarten als bei...