Finanzen

Banken drängen auf Deregulierung wegen Coronavirus

Die größte Banken-Lobbygruppe der USA nutzt das Coronavirus, um Druck auf die Federal Reserve auszuüben und eine Lockerung der Banken-Regulierungen zu fordern.
05.03.2020 15:00
Lesezeit: 2 min
Banken drängen auf Deregulierung wegen Coronavirus
Die Banken an der Wall Street nutzen die Corona-Krise, um ihren Forderungen nach Deregulierung Nachdruck zu verleihen. (Foto: dpa) Foto: Mark Lennihan

Die größte Banken-Lobbygruppe der USA, das Bank Policy Institute (BPI), nutzt das Coronavirus, um Druck auf die Federal Reserve auszuüben. Nach dem Willen der Banker soll die Notenbank die Liquiditäts- und Kapitalanforderungen, die den Banken nach der Finanzkrise auferlegt wurden nun wieder lockern, um eine Wiederholung der Finanzkrise zu vermeiden.

Der am 1. März veröffentlichte Vorstoß der Banken-Lobby trägt den Titel "Was die Fed als Antwort auf COVID-19 tun könnte". Zu den Autoren gehört BPI-Chef Gregory Baer, der von 2010 bis 2015 bei JPMorgan Chase tätig war und vorher bei der Bank of America. Das Bank Policy Institute setzt sich aus den Bankenchefs der USA zusammen, darunter die CEOs der vier größten US-Banken

  • Jamie Dimon von JPMorgan,
  • Brian Moynihan von der Bank of America,
  • Michael Corbat von der Citigroup und
  • Charlie Scharf von Wells Fargo.

Erst vor wenigen Monate hatten die großen US-Banken, angeführt von JPMorgan, die Krise am Repo-Markt auf die unangenehmen Liquiditätsanforderungen zurückgeführt. So sagte Jamie Dimon im Oktober, JPMorgan hätte angesichts der steigenden Repo-Zinsen Kredite an den Repo-Markt vergeben und das Problem so lösen können. Doch die strengen Liquiditätsanforderungen hätten dem im Weg gestanden.

Doch haben die größten US-Banken dem Repo-Markt absichtlich Kredite verweigert, um die Fed zur Lockerung der Liquiditätsvorschriften zu zwingen, wie einige sagen? Für das Coronavirus sind sie jedenfalls nicht verantwortlich. Die Banken-Lobby macht sich den Ausbruch nun einfach zunutze, um ihre Forderungen an die Fed zu bekräftigen. Das BPI fordert:

  • Eine Lockerung der Liquiditätsvorschriften, um "die Banken zu ermutigen, ihre liquiden Mittel einzusetzen"
  • Lockerung der Kapitalanforderungen, um "die Banken darin zu unterstützen, der Wirtschaft Kredite zu gewähren und im Falle einer Flucht in Sicherheit große Mengen von Einlagenzuflüssen zu bewältigen".

Heftige Kritik am Vorgehen der US-Banken kommt von der Organisation "Better Markets", die als Antwort auf die Finanzkrise gegründet worden war, "um das öffentliche Interesse an den Finanzmärkten zu fördern, die Finanzreform der Wall Street zu unterstützen und unser Finanzsystem wieder für alle Amerikaner funktionsfähig zu machen".

In einer am Montag veröffentlichten Erklärung mit dem Titel "Die größten Wall-Street-Banken versuchen schamlos, das Coronavirus zu nutzen, um bei der Federal Reserve schwächere Regeln zu erreichen" geht die gemeinnützige Organisation hart mit dem Bank Policy Institute ins Gericht und weist dessen Forderungen mit aller Schärfe zurück.

Es sei "schamlos, aber nicht überraschend", dass die größten Banken der Wall Street das Coronavirus einsetzen, um die Finanzregeln zu schwächen, was sie schon seit einem Jahrzehnt versuchen, "einschließlich der Schwächung kritisch wichtiger Kapital- und Liquiditätsanforderungen", heißt es in der Erklärung.

Es sei auch nicht überraschend, dass die Banken-Lobby ihre Forderung an ihre Lieblings-Regulierungsbehörden bei der Federal Reserve richten, die in den Jahren 2008 und 2009 in aller Stille Billionen von Dollarn zur Rettung der Wall Street auszahlten - "ohne jegliche öffentliche Transparenz, Aufsicht oder Rechenschaftspflicht". Dies sei großartig für die großen Wall-Street-Banken gewesen, aber eine "Katastrophe für den normalen Bürger und es sollte sich jetzt nicht wiederholen".

Vor dem Hintergrund der Unsicherheit infolge des Coronavirus und der sich daraus ergebenden möglichen negativen Auswirkungen auf den Finanzsektor sei es jetzt das "Schlimmste, was man tun kann, die Fähigkeit der größten Banken zu verringern, einem Abschwung oder Schock zu widerstehen". Doch genau das sei es, was die größte Banken-Lobbygruppe der Wall Street nun fordert.

"Die Reduzierung von Kapital und Liquidität bei gleichzeitigem vorzeitigem Ergreifen von Maßnahmen gemäß Abschnitt 13(3) führt nur zu mehr Rettungsaktionen für die Steuerzahler und macht sie wahrscheinlicher", so die Erklärung von "Better Markets". Um Kapital und Liquidität der Banken in Zeiten von Stress zu sichern, sollte man nicht die Vorschriften ändern, sondern Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe stoppen.

Wenn die Banken an der Wall Street nicht dazu bereit seien, Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe einzustellen, bis Gewissheit über die Bedrohung durch das Coronavirus besteht, "dann werden ihre wahren Motive klar, und ihre Forderungen nach Deregulierung sollten als das gesehen werden, was sie sind: Teil ihres seit Jahren andauernden Angriffs auf die Regeln".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie in Europa: 10 Unternehmen mit stabilen Renditen
09.11.2025

Europäische Verteidigungsunternehmen profitieren von stabilen Aufträgen und steigenden Investitionen. Technologische Kompetenz und lokale...

DWN
Technologie
Technologie Dunkle Wolke aus den USA: Die digitale Gefahr des US CLOUD Acts
09.11.2025

Ein US-Gesetz erlaubt amerikanischen Behörden Zugriff auf Daten in europäischen Clouds – ohne Wissen oder Zustimmung der Betroffenen....

DWN
Finanzen
Finanzen Contrarian Thinking: Wie falsche Narrative unsere Wahrnehmung verzerren – und was das für Anleger bedeutet
09.11.2025

In einer Welt voller Empörung, Filterblasen und ideologischer Schlagzeilen lohnt sich ein zweiter Blick. Wer immer nur der öffentlichen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Verjährung von Urlaubsansprüchen: Wann Resturlaub verfällt – und wann nicht
09.11.2025

Urlaub verfallen? Von wegen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt: Ohne klare Belehrung bleibt der Urlaubsanspruch bestehen –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Zukunft der Chefetage: Warum mittleres Management an Bedeutung verliert
09.11.2025

Das mittlere Management verliert in vielen Unternehmen an Bedeutung. Wirtschaftliche Unsicherheit, neue Technologien und veränderte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wirtschaft unter Druck: Im Spannungsfeld zwischen China und USA
09.11.2025

Globale politische Spannungen und Handelskonflikte belasten derzeit Europas Wirtschaft. Militärische Krisen in der Ukraine und im Nahen...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren in Europa: Pony AI testet Robotaxis mit Stellantis
09.11.2025

Europa steht vor einem neuen Kapitel der urbanen Mobilität. Technologische Entwicklungen und internationale Kooperationen treiben die...

DWN
Technologie
Technologie Phishing schlägt Firewalls: Warum Technik allein nicht schützt
09.11.2025

Firewalls, Verschlüsselung, Millionenbudgets – und doch reicht ein schwaches Passwort oder ein unbedachter Klick, um ein ganzes...